Weihnachtsgeschichten (4)

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 0)

Märklin-Blechgleis. Foto: Friedhelm WeidelichViele von uns haben mit einer Märklin-Bahn angefangen. In den fünfziger Jahren war Märklin ein Statussymbol für Kinder und eine große Ausgabe für den meist allein verdienenden Vater. Unsere Eltern habe uns mit einer Märklin-Packung großes Glück geschenkt. Peter aus Norddeutschland beschreibt es anschaulich, nicht ohne einen kritischen Blick auf den heutigen Weihnachtsrummel.

Wie die E 63 den Heiligabend 1959 rettete

Hallo Modellbahnfreunde,

im Februar des kommenden Jahres werden meine Frau und ich eine neue Wohnung beziehen. Dieses Ereignis wirft ihre Schatten voraus. Ich bin jetzt dabei, meine Modelleisenbahn Spur 1 zu verpacken. Dabei merke ich jetzt erst, was sich in den drei Jahren so angesammelt hat. Der Berg mit den Kartons/Umverpackungen wird immer größer.

Beim vorsichtigen Verpacken wanderten die Gedanken zurück in das Jahr 1959.

Als fünfjähriger Junge habe ich mir in der Vorweihnachtzeit beim Einkaufen mit meiner Mutter beim Spielzeuggeschäft der Kleinstadt die Nase an der Scheibe plattgedrückt. In der Auslage des Geschäftes drehte unermüdlich eine kleine Dampflok mit drei Personenwagen ihre Runden. Ein anderer Zug mit Güterwagen stand auf einem Nebengleis. Die Gleise waren auf einer kleinen Schauanlage der Firma Märklin verlegt. Die ganze Szenerie wurde durch Hausbeleuchtungen und Lampen ausgeleuchtet.

Hier sprang meiner Meinung nach der Modellbahnbazillus über.

In den folgenden Nächten träumte ich von der kleinen Eisenbahn und erzählte meinen Eltern davon. Wünsche wurden vorsichtig geäußert, zwei weitere kleinere Geschwister hatten auch Wünsche, das Einkommen der Eltern war in den Jahren nicht sehr hoch, als dass solche Wünsche berücksichtigt werden konnten.

Die Zeit bis kurz vor Heiligabend verging mit Basteln der Geschenke für die Eltern und Geschwister. Irgendwie ließ mich der Gedanke an die Modelleisenbahn aber nicht mehr los. Ich malte mir in meiner Phantasie die schönsten Züge, die tollsten Gleispläne und Städte aus Fallerhäusern, damals noch als Fertighäuser, aus.

Über Tage bin ich dann mit Spielkameraden zum Bahnhof gegangen, hier haben wir die ankommenden und abfahrenden Züge beobachtet. Im Heimatbahnhof wurde auch noch rangiert, das war damals für uns eine spannende Geschichte und wenn wir dann auch noch die Verladearbeiten sehen konnten, waren wir Kinder glücklich.

Heiligabend waren wir Kinder richtig aufgedreht, unsere Eltern hatten alle Mühe uns mit Spielen und Vorlesen von Geschichten bis zum Abend zu beschäftigen. Nach dem gemeinsamen Essen – es gab selbstgemachten Kartoffelsalat und Würstchen – stieg die Spannung ins Unermessliche, bis der Weihnachtsmann dann endlich kam und uns
unsere Geschenke übergab. Ich kann mich noch erinnern, dass keine Eisenbahn dabei war. Ein wenig enttäuscht war ich schon, obwohl ich einen Pullover, eine Hose und Handschuhe bekommen hatte. Meine Schwester hatte eine Puppe, mein Bruder ein Feuerwehrauto bekommen.

Der Weihnachtsmann war zwischenzeitlich wieder gegangen.

Ich schaute im Flur und vor der Haustür, ob er vielleicht doch noch etwas für dagelassen hatte, aber vergebens. Ich muss beim Hereinkommen schon ein Häufchen Elend abgegeben haben. Meine Mutter versuchte mich zu trösten, die Enttäuschung war schon groß.

Nach einiger Zeit klopfte es noch einmal an der Haustür, meine Mutter bat mich, die Tür zu öffnen. Da stand doch tatsächlich der Weihnachtsmann und übergab mir zwei Pakete. Ich bin mir heute nicht mehr sicher, ob ich mich überhaupt bedankt habe.

Die Pakete wurden schon auf dem Flur geöffnet, es war ein Trafo und eine Märklin-Anfangspackung mit einer E 63 und drei Wagen. Die Freude war überwältigend. Selbstverständlich wurde bis spät am Abend mit den neuen Sachen gespielt.

Auch in der Folgezeit hat mich die Modelleisenbahn bis heute begleitet.

Verschiedene Phasen habe ich mittlerweile hinter mir, ein Ausflug in die Spur N, danach H0-Zweileiter, dann Spur 0, anschließend wieder Märklin digital und Märklin ganz alt.

Da die Sehkraft doch deutlich nachläßt und die Feinmotorik der Grobmotorik weicht, habe ich jetzt Spur 1 und bin glücklich.

Die E 63 aus der Anfangszeit, sowie diverse H0-Sachen habe ich gerade sorgfältig verpackt. Sie erhalten nach dem Umzug in der Modellbahn-Vitrine einen Ehrenplatz.

Beim Schreiben dieser Zeilen fällt mir auf, dass wir Kinder doch früher wenig Wünsche hatten, wir mit wenig zufrieden waren (Ausnahme: Der Wunsch eine Modellbahn vom Weihnachtsmann zu bekommen, siehe oben....). Die Werbung hatte noch keinen so großen Einfluß auf unser Handeln und Denken. Weihnachtsgebäck gab es in der Adventszeit und nicht Ende August bei 25 Grad im Schatten.

Vergleiche ich die damaligen Zeiten mit der Jetztzeit, kann ich verstehen, dass die Menschen immer hektischer, unzufriedener und egoistischer werden. Ein Wandel, der nachdenklich macht.

Ich wünsche allen eine gute Weihnachtszeit und einen guten Übergang in das kommende Jahr 2013.

Es grüßt
Peter

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