Weihnachtsgeschichten (1)

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 1)

211 347 am 22.2.1973 im Bw Konstanz. Foto: Friedhelm WeidelichVielen Dank an die ersten Leser, die schon Zeit und Motivation gefunden haben, eine Weihnachtsgeschichte mit ihrem persönlichen Bezug zur Eisenbahn aufzuschreiben. Weitere kurze und lange Geschichten sind willkommen.

Die erste berichtet über die Faszination des winterlichen Bw Schweinfurt. Dort war ich nie, aber eine 211 in der Bw-Außenstelle Konstanz 1973 steht hier stellvertretend für die Lokomotiven, die den Realschüler zwölf Jahre später begeisterten.

Vorweihnachtszeit im Bw Schweinfurt

Es ist Dezember 1985. Ich bin seit ein paar Wochen in der Realschule. Neue Klassenkameraden, neue Lehrer, neue Fächer – alles neu. Die alten Spielkameraden, mit denen man so herrlich mit der vorhandenen Märklin-Eisenbahn spielen konnte - nicht mehr greifbar. In 10 Minuten ist die große Pause. Ich unterhalte mich mit meinem neuen Kameraden von hinten links. Scheint ganz nett zu sein. Ganz nebenbei kommen wir auf die Berufe der Eltern zu sprechen. Lokführer – so die Ansage von Stefan, dem neuen Kollegen. Plötzlich wird die Sache richtig interessant. Zu schnell klingelt die Pausenglocke und ruft zur nächsten Mathestunde. Darauf habe ich nun wirklich keine Lust, vielmehr wollte ich das Gespräch weiter ausbauen. Schließlich habe ich schon rausbekommen, dass der Vater die 194, 151 und 218 fährt. Teilweise habe ich die Loks selbst auf der Anlage – alles sehr spannend...
 
Der Nachhauseweg wird künstlich verlängert, um weitere Infos einzuholen. Stefan hat auch eine Modellbahn, mit vielen Loks von Fleischmann und Roco. Ein erster Besuch wird ausgemacht, hoffentlich ist der Vater da. Am nächsten Tag kann ich die Pause schon gar nicht mehr abwarten. Eisenbahn-Fachsimpeln ist angesagt. Grüße vom Vater werden ausgerichtet, er freut sich, wenn wir mal eine Runde im Bw bei den großen Loks grehen können. Frag doch mal zuhause, ob das deine Eltern erlauben – so die Ansage. Das Herz schlägt bis zum Halse...
 
Zwei Wochen vor Weihnachten ist es dann so weit: Ich klingle an der Wohnungstür, Stefan und sein Vater stehen in der Tür. Wir fahren gleich ins Bw, hast du feste Schuhe an? Klar, Muttern hat vorgesorgt und den Sohn eingepackt, als ob eine Reise nach Sibirien ansteht. Natürlich blieb die gute Jeans im Schrank, bei der Bahn ist es immer schmutzig, so die Reaktion meiner Mutter. 10 Minuten später waren wir dann im Reich der Loks, nach Anmeldung in der Lokleitung marschierten wir auf den Strahlengleisen des Bw Schweinfurt auf und ab. V 100 in allen Varianten, V 60, 218 und eine 194 – alles wurde begutachtet – selbst der Führerstand konnte besichtigt werden. Dabei wurde festgestellt, dass es ja so viele Hebel, Lampen und Details gibt, die auf der Märklin-Lok gar nicht vorhanden waren...

Als Highlight folgte dann noch eine Führerstandsmitfahrt auf einer V100, welche mit dem Eilzug aus Bad Kissingen ins Bw einrückte. Wir durften ein Stück mitfahren und konnten die Lok beim Drehen auf der Scheibe bebachten. Mein Berufswunsch stand seit diesem Tag fest - Lokführer...

Faszination Eisenbahn!
 
Leider klappte es mit dem Traumberuf dann doch nicht – der Tag hatte aber Signalwirkung für die "Droge" Eisenbahn – bis zum heutigen Tage. Die Jahre gingen, die Faszination Eisenbahn blieb. Wenn schon nicht Lokführer, dann ein paar gut detaillierte Spur1-Maschinen, um die Erinnerungen der Kindheit mit diesen tollen Maschinen für immer in Verbindung zu bringen. Auch heute noch, wenn ich meine Spur 1-Loks ansehe und mit den Blicken in den Führerstand krieche, kommen Erinnerungen an diesen Tag – Vorweihnachten im Bw Schweinfurt...
 
Michael Wacker

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Kommentar von derPeter |

Frei nach Peter Rosegger:
Wie ich das 1. Mal auf der Dampflok fuhr..

Es war auf einer Nebenstrecke der ÖBB in NÖ:
-da stand auf einem durch Gleissperre abgesicherten Nebengleis so ein kleines Plattformwagerl. Als wir Buben dies entdeckten, bildete sich sofort eine 2-Klassen-Gesellschaft:
die größeren "Könige" durften obenauf sitzen, die kleineren (wie ich) waren die "Sklaven", die durften -NA WAS WOHL- das Wagerl anschieben. Der Kick war, das Ding mit Karacho auf den Schotterhaufen, der als Prellbock diente, auffahren zu lassen und im letzten Moment abzuspringen.

Doch jeder Kick braucht eine Steigerung, so organisierten wir alle Buben im Grätzl und hievten das Wagerl über die Sperre auf das Streckengleis. Woouuww, jetzt hatten wir 100te Meter zum fahren!

Das ging solange gut, bis uns der Personenzug aus Enzesfeld in die Quere kam (oder wir ihm?) Also Lok macht Notbremsung, Lokführer mit hochrotem Kopf raus, wir kleinlaut das Wagel wieder zurück aufs Nebengleis, Lokführer sagt: "Und jetzt foahts mit mit mia zum Bahnhof (Wittmannsdorf)" Wir 3Mann hoch rauf auf die 93er und am Bahnhof wartete schon der Ortsgendarm! Mit einigen handfesten Ermahnungen schlichen wir dann nach Haus und aus.

Antwort von Friedhelm Weidelich

Herzlichen Dank für diese amüsante Geschichte! Ich nehme sie noch einmal auf die Website, damit sie nicht in den Kommentaren untergeht. Das wäre zu schade.