Weichen von MSM
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 3)
Da ist nämlich nichts: Die Zungen geht ohne Unterbrechung in die Flügelschienen über, die am Herzstück enden. Das entspricht den Weichen der Eisenbahn im Maßstab 1:1.
Bei fast allen Modellweichen in diversen Maßstäben wählten die Konstrukteure einen Schnitt in den Schienen am Ende der Zungen. Sie sind mit einem Zapfen an den Schwellen befestigt oder mit einer Art Schienenverbinder mit der Flügelschiene verbunden. Aus dem einfachen Grund, dass die Zungen dann sehr leicht beweglich sind und von magnetischen Antrieben leicht in die Endlage zu bringen sind.
Der Nachteil ist, dass die Gelenkzungen und Flügelschienen (wie bei der Märklin/Hübner-Weiche in Geradeaus-Stellung hier oben) selten perfekt fluchten, denn gerade bei Fahrten ins abzweigende Gleis besteht die Gefahr, dass der Fliehkraft-Druck die äußere Zunge Millimeterbruchteile zur Seite schiebt und die Räder auf die benachbarten Kanten der feststehenden Flügelschiene stoßen. Das erzeugt besonders bei schweren Lokomotiven für Lärm und Verschleiß, wo beim Vorbild keiner ist. Außerdem wird die Stromversorgung der Zungen dadurch unnötig erschwert.
Die durchgehenden Schienen bei den MSM-Weichen haben zwei Vorteile: Die Räder rollen sanft und ohne Stoß bis zum Herzstück; die Zungen und Flügelschienen haben eine solide Stromführung bis ins Herzstück, denn der korrekt polarisierte Strom fließt dann, wenn die Zungen über mehrere Zentimeter eng an den Backenschienen am Anfang der Weiche anliegen. Wer Kontaktproblemen wegen Verschmutzung oder Lackierung der Schienen ausweichen will, wird trotzdem das Herzstück polarisieren. Neusilber lässt sich leicht löten.
Ein weiterer Vorteil dieser Stromführung: Befährt versehentlich ein Zug die falsch gestellte Weiche von den Enden her, stoppt er automatisch.
Die Trennstelle befindet sich deshalb nicht am Herzstück, sondern dahinter. Gegebenenfalls muss an den Enden der Weiche bei den inneren Schienen Fahrstrom zugeführt werden.
Das Herzstück besteht aus einem Gussteil, das die Fahrkultur gegenüber einer vergleichbaren Hübner-Weiche verbessert. Märklin-Spurkränze rollen fast geräuschlos über die sanft ansteigenden Auflaufflächen an der Herzstückspitze. Die Radlenker entsprechen weitgehend dem Vorbild und sind nicht gebogen wie bei Hübner.
Und wenn wir schon bei den „Nachteilen“ sind: Die Zungen sind zwar an den Übergängen zu den Flügelschienen wie beim Vorbild geschwächt, aber auch genauso elastisch. Deshalb braucht man einen Stellmotor wie Tortoise, Feather oder Kaleas (ehemals Böhler) oder einen starken Servoantrieb, zum Beispiel von Conrad. Die abzweigende Zunge braucht bei unserem Muster 200 Gramm Kraft, um in die Endlage gebracht zu werden. Die geradeaus führende Zunge kommt mit 50 Gramm Anpressdruck aus. Die Unterschiede sind kein Problem. Und wir werden noch zeigen, dass sogar sehr kleine Servos diese Weichenzungen bewegen und halten können.
Neben inzwischen sehr guten Servoantrieben bietet sich ein motorischer Unterflurantrieb an, für den in der Mitte der Bronzeguss-Stellstange eine Öse angebracht ist (siehe Video). Für fliegende Aufbauten passen die von Hübner entwickelten Handstellhebel, die links oder rechts montiert werden können. Das geht allerdings ohne Eingriffe nur beim Kunststoffschwellenrost, die MSM alternativ zu den von uns vorgestellten Eichenschwellen anbietet.
Die von Natur aus hellen Eichenschwellen wurden druckimprägniert. Sie verfärbten sich dabei und kommen dem Vorbild recht nahe. Zusätzlich bearbeitet Lehmann die Oberfläche mechanisch und mit schwarzer Farbe, die ausgetretenes Teeröl simuliert.
Die hier vorgestellte EW-75-Weiche ist 600 mm lang und entspricht mit 10° Abzweigwinkel im Radius 2300 mm weitgehend der Hübner/Märklinweiche aus dem Set 59084.
Das MSM-Sortiment umfasst auch
- 450 mm lange Weichen mit 22,5° und 1176 mm
- eine symmetrische Weiche mit 20° und 2300-mm-Radien (ca. 500 bis 540 mm)
- 920 mm lange Weichen mit 7,5° und 5938 mm Radius
- Bogenweichen mit 5938 und 2969 mm Radien und 950 mm Länge
- eine Doppelkreuzungsweiche mit 10° Herzspitzenwinkel, 3125 mm Radius und 870 mm Länge.
Darüber hinaus gibt es Flexgleise mit einem Kunststoffschwellenrost, der clever und unsichtbar festgeschraubt werden kann sowie (Flex-)Gleise mit Holzschwellen, Kunststoffschienenstühlen und Neusilberschienen.
Links zwei EW 190 mit 920 mm Länge. Die linke Weiche hat Eichenholzschwellen, die rechte einen Kunststoff-Schwellenrost. Der Aufbau ist darüber hinaus identisch.
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Kommentar von Hans-Joerg Mueller |
Sehr schöne Weichen! Aber durch die freifedernde Länge der Weichenzungen gibt es - wie bei den meisten Sachen - nebst Sonne auch etwas Schatten. In diesem Fall ist das der Abstand der Weichenspitzen zu den Backenschienen.
Wie weitverbreitet DCC als Stromversorgung in Spur1 ist weiss ich nicht, aber bei DCC-Betrieb ist es von Vorteil, wenn die benachbarte Weichespitze immer die gleiche Polarität wie die danebenliegende Backenschiene hat.
Kommentar von newfield60 |
Ich habe diese hervorragend verarbeiteten Weichen teilweise seit mehreren Jahren in Verwendung, unter anderem sogar eine EW 190 mit Kunststoffschwellen im Freiland(!). Neben der Vorbildtreue und dem Abrollkomfort ist die Ausführung dauerhaft und mit dem Hübner-Gleissystem und Märklin-Gleisen 100%ig kombinierbar.
Derzeit entsteht im "Heizhaus Neufeld" eine Anlage, bei der neben den Federzungenweichen ausschließlich MSM Flexgleise Verwendung finden. Ich bin ehrlich begeistert von der einfachen Verarbeitung der Flexgleise und die Anlage wirkt lebendig durch riesige Bögen anstellen von künstlich wirkenden Geraden und durch realistische weiche Kurvenein- und -ausgänge in den Bögen.
Ein Wort zu meinem Vorredner:
Aus technischer Sicht ist es unerheblich, ob analog oder mit einem der gängigen Digitalsysteme gefahren wird. Ich z.B. fahre mit dem DCC System (im Garten ROCO Multimaus, im Haus ESU ECoS)und kann aus der Praxis von keinerlei Problemen mit der Polarität der Weichenspitzen berichten. Die Konstruktion der Weichen stellt sicher, dass es zwischen der Radinnenseiten und der offenen Weichenspitze nie zu einem Kontakt kommen kann.
Antwort von Friedhelm Weidelich
Mich stören bei vielen Gartenbahnen auch die Steckgleis-Materialschlachten, in denen Züge lange geradeaus fahren und dann ohne Grund abrupt in 90-Grad-Winkeln die Richtung ändern, um erneut im rechten Winkel die nächste Gerade anzusteuern. Große Bögen und Ellipsen mit Flexgleis täuschen längere Fahrstrecken vor und verbessern das Fahrerlebnis. Draußen haben fixe, enge Gleisbögen nichts zu suchen, und in den Jahrzehnten seit der ersten Brio-, Klein- oder Märklin-Bahn sollte man schon etwas über den Gleisbau beim Vorbild dazugelernt haben...
Ich stimme Ihnen zu, dass es unmöglich ist, dass die MSM-Weichenzungen die falschen Radinnenseiten berühren. Ich muss H.-J. Mueller selten widersprechen, hier tue ich es aber aus Überzeugung.
Kommentar von Guido Gombert |
Gibt es noch mehr Informationsmaterial über Ihre Schienen, Weichen und Flexgleise wie man diese verarbeitet und baut? Bin Anfänger! MfG, G. Gombert
Antwort von Friedhelm Weidelich
Hallo Herr Gombert,
falls Sie die MSM-Gleise meinen, finden sie hier eine Flextrack-Fibel mit Tipps.
Freundliche Grüße,
Friedhelm Weidelich