Was fasziniert so bei Spur 1?
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 2)
Exklusivität
Spur-1-Modelle sind keine Massenware. Die Auflagen beginnen bei einstelligen Zahlen und erreichen sehr selten über 1500 Stück. Wer ein handwerklich hergestelltes (Metall-)Modell kauft, erwirbt ein exklusives Sammlerstück. Die Exklusivität der Eisenbahnmodelle ergibt sich aber auch durch die oft bis ins letzte Detail nachgebildeten Teile einer Lok oder eines Wagens. Auch das feinmechanische Zubehör ist hoch detailliert.
Hier sind selten technische Kompromisse erforderlich, weder bei den Materialstärken noch den mechanischen Lösungen, die das Vorbild 32 Mal verkleinert abbilden. Diese Qualität weiß jemand zu schätzen, der Mechanik und Handwerkskunst mag. Im Spur-1-Eisenbahnmodell manifestiert sich dieses Können nicht weniger als bei einer hochwertigen Uhr, einem Schmuckstück oder einem exklusiven Sportwagen.
Limitierte Verfügbarkeit
Aus Kosten- und Planungsgründen können die Hersteller nur auf Vorbestellung arbeiten. Das führt zu manchmal jahrelangen Wartezeiten bis zur Auslieferung. Von ärgerlichen Ausnahmen abgesehen, kann man das auch als Verlängerung der Vorfreude sehen: Wir erleben den Prozess von der Vorstellung des ersten Vorbildfotos über das mehr oder weniger gelungene Handmuster und das Warten auf die Kleinserie. Auch bei einem großen Budget ist der schnelle Kauf nicht möglich. Selbst ein bestelltes Einzelstück wird nicht binnen einiger Wochen fertig.
Das hat etwas von slow food. Man lässt sich – auch gezwungenermaßen – Zeit für den Genuss. Es ist verlängerter Genuss und erfordert Disziplin und die Reife eines Erwachsenen. So unterscheidet sich der Spur-1-Käufer von den anderen „Modelleisenbahnern“. Der Spur-1-Käufer ist selektiver Investor, Genießer und ein souveräner, disziplinierte Entscheider – wie meist in seinem Berufsleben.
Reduktion und Disziplin
Während viele Modelleisenbahner von der Großanlage träumen, die sie nie anfangen werden, weil sie sich überfordern und überschätzen, ist der Liebhaber der Spur 1 mit einer ganz anderen Herausforderung konfrontiert: Er muss diszipliniert abstrahieren und reduzieren. Denn in 1:32 sind ausgedehnte Bahnhofslandschaften und verschlungene Tunnelbauten zur Fahrstreckenverlängerung nicht möglich. Es sei denn, Sie verfügen über eine Fabrikhalle und eine Mannschaft von Handwerkern und Modellbauern, die Ihnen Ihren Traum erfüllen helfen.
Die pure Notwendigkeit, aus Platzgründen auf die erträumte Großanlage verzichten zu müssen, ist am Anfang irritierend. Doch wer länger darüber nachdenkt, was auf wenigen Quadratmetern mit großen Radien machbar oder nicht machbar ist, tastet sich an die Idee heran, die ihm wichtig ist und die er verwirklichen will – und auch verwirklichen kann! Denn nur ein überschaubares Projekt hat die Chance, in absehbarer Zeit begonnen und umgesetzt zu werden.
Abstrahierung als Weg zum Genuss
Weil Bahnhof, Bahnbetriebswerk, Rangierbahnhof und lange Fahrstrecken in aller Regel nicht nebeneinander machbar sind, muss abstrahiert werden. Die Frage ist: Wie bilde ich einen kleinen Bahnhof so ab, dass er nicht spielzeughaft wirkt? Wie könnte ein Betriebswerk aussehen, in dem Dampf- und Dieselloks versorgt und abgestellt werden? Oder soll es ein angedeuteter Rangierbahnhof sein, aus dem einzelne Wagen über enge Kurven zu Industriebetrieben gebracht werden?
Die notwendige Abstrahierung macht kreativ und zeigt erst die Meisterschaft bei der handwerklichen und künstlerischen Gestaltung eines Landschaftsausschnitts fernab von Gleisplanungsbüchern und Vorlagen für den Allerwelts-Modelleisenbahner. Es ist ein Genuss, in Bildbänden zu blättern, eigene Fotos aus dem Archiv zu sichten und draußen oder in Museen nach Vorbildern zu suchen, die sich platzsparend, optisch und betrieblich interessant ins Modell umsetzen lassen. Das setzt Geduld, Erfahrung, profunde Kenntnisse der Eisenbahn und Recherchefreudigkeit voraus. Langsam reifen die Ideen zu einem ernsthaften, umsetzbaren Bauprojekt, das die Wirklichkeit zugleich abstrahiert und detailgenau abbildet.
Höchste Detaillierung
Die schiere Größe der 1:32-Modelle – ob Fahrzeuge, Gleise oder Gebäude – erlaubt eine Detaillierung und Maßgenauigkeit, die andere Maßstäbe nicht bieten können. Das erleichtert die Arbeit an und mit den Modellen und erlaubt Ihnen, sehr weit zu gehen. Wenn Sie Inneneinrichtungen von Gebäuden wünschen, können Sie sie einschließlich auf-Putz-Leitungen und vorbildgetreuer Beleuchtung realisieren. Wenn Sie jede Schwelle individuell bearbeiten wollen, um der Realität nahe zu kommen, werden Sie am Ende ein Gleisbild erzielen, das nur Sie haben – keine industriell gefertigte Massenware, sondern Modellbau mit der eigenen Handschrift.
Egal, wie weit die Detaillierung getrieben werden soll: Der Modellbauer genießt einen buchstäblichen Spielraum, den keine andere Baugröße bieten kann. Wer nicht selbst zeichnen, ätzen, sägen, drehen und löten will, findet eine Reihe von Manufakturen, die eigene Pläne mit außerordentlich feinen Teilen und Modellen unterstützen. Abwechslung trotz räumlicher Beschränkung Große Radien, die sinnvollerweise möglichst erst bei 130 bis 155 cm beginnen und natürlich vom eigenen Fuhrpark abhängen, machen in aller Regel die sinnlose Im-Kreis-herum-Fahrerei unmöglich. Das fördert die Kreativität, denn „Not“ macht erfinderisch. Austauschbare Module bringen Abwechslung in den Rangierbetrieb. Weil die Größe der Modelle einen Überblick über das Diorama oder die Anlage unmöglich macht, taucht der Betrachter viel tiefer in das vor ihm sichtbare Geschehen ein.
Gemeinschaft und Austausch
Ob Sie nun gern in ihren individuellen Träumen versinken und ihre Ideen allein verwirklich wollen oder sich gern mit anderen Modellbauern austauschen: Die Spur-Einser gehören seit Jahrzehnten zu denen, die gern einmal mit ihren Modulen und Fahrzeugen zusammenkommen, um gemeinsam lange Züge zu fahren und neue Modellwelten zu erleben.
Spur 1 ist und bleibt exklusiv
Die Spur 1 ist etwas Besonderes, auch wegen ihres Preises und Platzbedarfs. Das war schon vor 120 Jahren so und hat sich bis heute nicht geändert. Mit einer Spur-1-Sammlung besitzen Sie unter Freunden ein Alleinstellungsmerkmal. Und da es Eisenbahnmodelle und keine Modelleisenbahn sind, wird man ihre Leidenschaft so respektieren und bewundern wie einen Harley-Fahrer, den Weinkellerbesitzer oder den Eigentümer eines exklusiven Autos.
(Den ersten Teil zum besonderen Reiz der Spur 1 finden Sie hier.)
Meine Fotos zeigen Details einer Anlage, die PAJ Modelbouw, Belgien, für den Lokladen Bingen gebaut hat.
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Kommentar von patrick dalemans |
Sie brauchen bilder unser anlage? Keine bronmelding under die bilder????
Gerne bronmelding unter die bilder??
Grusse,
Patrick
www.paj-modelbouw.com
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Antwort von Friedhelm Weidelich
Hallo H. Dalemans,
ganz unten im Artikel steht, dass Sie die Anlage gebaut haben (bronmelding = Quellenangabe). Wenn Sie mir Fotos schicken, stelle ich sie gern vor. Meine schnellen Fotos auf der Intermodellbau sind nicht gut genug für eine Veröffentlichung.
Beste Grüße,
Friedhelm Weidelich
Kommentar von Patrick Dalemans |
Hallo.
An welche Email-Adresse kann ich weitere Bilder schicken?
Regards,
Patrick
PAJ