Warum die Spielwarenmesse weiter an Bedeutung verliert

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 6)

Noch nie waren die Gänge der Spielwarenmesse so leer wie dieses Jahr. Gesättigte Märkte, Konjunkturabschwung, sinkende Realeinkommen oder die nüchterne Erkenntnis "Wohin mit all dem Zeug"?

Manche Aussteller redeten sich den Mittwoch auch schön: Die Besucher seien noch gewöhnt, dass die Messe früher am Donnerstag aufmachte.

Ich glaube, dass der schon seit drei, vier Jahren deutlich erkennbare Bedeutungsverlust der Spielwarenmesse viele Gründe hat. Die folgenden Punkte beziehen sich nur teilweise auf die Spur 1, sie gelten für alle Baugrößen.

  1. Die Märkte sind "schneller" geworden. Kein Hersteller kann es sich noch leisten, bis zum Februar mit seinen Neuheitenankündigungen zu warten. Heute ist ein kontinuierlicher Informationsfluss notwendig, um das Interesse aufrecht zu erhalten.

  2. Die fast komplett nach China verlagerte Produktion macht alte Lieferstrategien (Gartenbahnen im Frühjahr, ein paar Neuheiten nach der Messe, alles andere im Herbst) obsolet. Je nach Einfluss und Zahlungsbereitschaft des Anbieters produzieren die Chinesen wann sie wollen, für wen sie wollen, ohne Loyalität. Der Modellbahnanbieter muss liefern, wenn er die Ware endlich hat. Kalkulierbar scheinen Produktionstermine nicht mehr zu sein. Man hat sich aus vielerlei Gründen abhängig gemacht und badet das nun aus. Zum eigenen Schaden. Und die Kunden sind frustriert, weil sie lange warten müssen und ihre Ausgaben nicht planen können. Impulskäufe sind kaum noch möglich – das bedeutet Umsatzverlust.

  3. Neuheiten 2013 bedeutet nicht mehr, dass diese auch 2013 geliefert werden. Es sind nur noch pure Absichtserklärungen oder Platzhalter, um die Konkurrenz in Schach zu halten. Die Abhängigkeit von Konstrukteuren in China und Korea und Produktionsstätten in Ungarn, China, Südkorea, Rumänien, Vietnam und anderswo wirft Terminpläne regelmäßig über den Haufen. Gerade in der Spur-1-Szene sind Liefertermine grobe Schätzungen, die völlig unverbindlich sind. Eine Zumutung für alle Kunden, die nicht mindestens ein fünfstelliges Guthaben auf dem Konto haben. Geliefert wird "irgendwann". Und die Neuheit kann man sich das ganze Jahr auf den viel zu vielen Messen und Ausstellungen immer noch einmal anschauen. Die für die Endkunden nur inoffiziell offene Spielwarenmesse hat keine Zugkraft mehr.

  4. Der Informationsfluss über Fachzeitschriften hat massiv an Bedeutung eingebüßt. Wartete man früher noch mit Spannung auf die Messesonderhefte, kennt man die Messeneuheiten heute manchmal schon vor Weihnachten. Blogs, Foren und Onlinemagazine verbreiten Neuigkeiten blitzschnell – weltweit. Die Verlage rennen nur noch hinterher und hoffen auf die Anziehungskraft der studiomäßigen Bilder (aber nur eins statt fünf oder zehn im Internet), auf die Attraktivität des Komplettangebots in der Zeitschrift und dienen immer mehr als Service für jene Menschen, die immer noch keinen Internetanschluss haben, weil man sich da ja Viren holen kann.

  5. Modellbahnen sind heute pure Luxusartikel. Modellbahnen braucht kein Mensch zum Leben. Wer bei explodierenden Mieten, hohen Energiekosten, seit 12 Jahren sinkenden Realeinkommen und unsicher gewordenen Arbeitsplätzen auf sein Geld achten muss, spart zuerst bei der Modellbahn.

  6. Modellbahn ist ein zeitraubendes Hobby. Wer Familie und Beruf in der heutigen Zeit vereinbaren muss, hat keine Zeit zum Basteln. Wer ausgebrannt ist, hat keine Energie zum Planen, Bauen und Fahren mehr.

  7. Es gibt wenige Hobbys, die interessanter und vielfältiger sind – vom Historischen bis zum Handwerklich-Künstlerischen. Das wird aber selten vermittelt. Von den Modellbahnverbänden schon gar nicht.

  8. Vom Computerspiel bis zu Fischer-Technik: Es gibt zahlreiche Hobbys, die für weit weniger Geld bei weniger Zeitaufwand und sehr viel weniger Platzbedarf schnellen Spaß bieten.

  9. Es gibt keinen Mainstream mehr. Heute gibt es nicht mehr nur eine Staatsbahn, sondern allein in Deutschland rund 300 Privatbahnen. Jeder möchte die Modelle, die er kannte oder vor seiner Nase sieht. Oder man fährt amerikanische oder andere ausländische Modelle. Die Interessen sind vielfältig, jeder hat sein Hobby im Hobby. Kleine Spezialfirmen findet man in Nürnberg schon lange nicht mehr. Sie bedienen Ihre Fangemeinde anderswo.

  10. Die Spielwarenmesse ist keine Ordermesse mehr. Die Händler legen sich schon lange nicht mehr ein Grundsortiment auf Lager und bestellen die Neuheiten nicht auf Verdacht. Die Kapitalkosten sind zu hoch, die Gewinnspannen dank transparenter Preise gesunken. Viele Händler bestellen, wenn der Kunde bestellt – wenn es denn sein muss. Dabei wäre es dank moderner Logistiksysteme kein Problem, über Nacht zu liefern. Der Kunde hat immer weniger Geduld, weil er das schnelle Glück durch den Kauf sucht. Wenn's nicht beim einen Händler verfügbar ist, kauft er eben woanders. Zum Beispiel per Internet.

  11. Modellbahnen geraten aus dem Blickfeld. Wenn es kaum noch Spielwarenläden mit Modelleisenbahnen gibt und bei Kaufhof und Karstadt vor Weihnachten zwar fünf Schaufenster mit bewegten Steiff-Figuren zum Zuschauen einladen, aber keine Modellbahnanlage ausgestellt wird, gerät das Thema Modelleisenbahn zum Spezialgebiet für erwachsene Modellbauer. Auch die Modellbahnfachgeschäfte haben keine Anlage mehr im Schaufenster. Oder einen Modellbauer im Rentenalter, der vor aller Augen ein Diorama baut und mit Interessenten fachsimpelt.

  12. So wie es wenige Fachgeschäfte für Modellflugzeuge, Schiffe, Echtdampf und Kriegs-"Spielzeug" gibt, so werden Modellbahngeschäfte zum Mekka für Wissende und Kenner. Sie tauschen sich im Internet aus, gehen auf Fachmessen. Aber sie bleiben in ihrer Hobbywelt. Und weil die Händler, ideenlos, nicht für Interesse sorgen und die exorbitanten Preise für die (oft zu hochwertigen) Modelle für Durchschnittsverdiener unerschwinglich geworden sind, bewegt sich die Modelleisenbahn weiter in Richtung Luxusgüterbranche – auch wenn sie sich selten angemessen als solche präsentiert.

  13. Der Kunde will wissen, ob etwas vorrätig ist, wann er beliefert wird oder mit der Lieferung rechnen kann. Auftragsbestätigungen, eine Lieferung binnen zwei Tagen, ein funktionierender Onlineshop und ein verbindlicher Ton am Telefon und per Mail – falls überhaupt geantwortet wird –, ist bei vielen kleinen Anbietern und Händlern unbekannt. Wer per Brief bestellen soll, Vorkasse leisten musste und sich dann beschimpfen lassen muss, weil einfach nicht geliefert wurde, gibt sein Geld woanders aus. Ich spreche aus trauriger Erfahrung. Und viele von Ihnen haben solche Erfahrungen auch gemacht. Der Kunde sollte König sein. Doch viele Anbieter fühlen sich als Kaiser.
     
  14. Die Modellbahnzimmer, Keller und Speicher sind voll. Die vielen neuen Hersteller und der Wahnsinn, pro Jahr mehreren Hundert Neuheiten präsentieren zu wollen, haben den Markt überschwemmt. Dazu kommt Ebay, wo fabrikneue Modelle Verstorbener zu Spottpreisen gehandelt werden. Noch mehr Zeug braucht kein Mensch. Der Markt ist übersättigt.

  15. Die Modellbahnkäufer sind anspruchsvoller geworden. Viele Hersteller haben das noch nicht gemerkt oder arbeiten im betriebswirtschaftlichen Sparwahn gegen ihre Kunden:
  • Ersatzteile gibt es (auch dank der Fertigung in China) oft nicht mehr.
  • Es fehlen qualifizierte Ansprechpartner bei den Anbietern.
  • Der Servicegedanke im Sinne der Kundenbindung ist quasi abgeschafft.
  • Geliefert wird, wenn man Ware, Lust und Zeit hat. Und selten treffen alle drei Punkte zusammen.
  • Es fehlt an Personal für das Gespräch mit dem Kunden, denn Modellbahnen sind beratungsintensiv und die Kunden speziell. Die Anbieter brauchen auch psychologisches Feingefühl für ihre Kunden.
  • Verbindlich ist in dieser Branche nicht mehr viel.
  • Einzelne Hersteller und Anbieter verhalten sich wie Dealer, die den Süchtigen Stoff verkaufen, nachdem sie sie erniedrigt haben.
  • Die Warenpräsentation ist (nicht bei allen!) von vorgestern. Auch (wert-)konservative Menschen wollen unterhalten und mitgerissen werden. Es muss aber nicht die (H0-)Anlage für 100.000 € sein.
  • Attraktive, wirklich informative Websites sind immer noch selten oder gar nicht vorhanden. In der Spur 1 bewegen sich viele Websites noch zwischen Steinzeit, unfreiwilligem Humor und 64 kBit/s, so winzig sind die Fotos und Informationen.
  • Wer Kataloge teuer verkauft, reduziert seine Verkaufschancen.
  • Hauszeitschriften mit Selbstbeweihräucherung und teuere TV-Produktionen sichern keine Kundenbindung. Die Präsenz an den wichtigen und richtigen Orten und in den zielgruppenspezifischen Medien, klare Informationen, Anregungen und Vorbilder, Ansprechpartner, Newsletter und vielleicht noch social media sind die Kommunikationswege. Wer nicht mit seinen Bestandskunden und neuen potenziellen Kunden kommuniziert, stirbt. Und verdient auch kein Mitleid.

Modelleisenbahn ist für uns (meist ältere/"reifere") Menschen oft etwas, was uns unsere Jugend zurückholt. Denn wir kennen noch die Zeiten, als die Bundesbahn ein zuverlässiges Verkehrsmittel war. Das stellen wir gern im Modell nach.

Der demografische Wandel mit einer immer älter werdenden Bevölkerung verschafft der Modellbahnbranche noch eine konsumfreudige Kundschaft für die nächsten zehn bis 15 Jahre. Davon profitieren die großen Spuren, die für alternde Augen besser geeignet sind als Z, N, H0 und TT. Doch dann kommt eine nicht mehr so eisenbahnaffine Rentner-Generation, die zum großen Teil mit minimalen Renten auskommen muss, gefolgt von einer Generation, die sich bis 35 mit unbezahlten "Praktika" abfinden oder lebenslang mit prekären Arbeitsverhältnissen nur ihr Existenzminimum erwirtschaften kann. Die kauft keine Modellbahn. Weil sie es nicht mehr kann und keinen Bezug dazu hat.

Es wäre gut, wenn sich die Modellbahnbranche jetzt schon auf ein Gesundschrumpfen und die Grenzen des Wachstums einstellen würde. Wie sehr die Modellbahn trotz aller Hurrarufe der Spielwarenverbände an Bedeutung verliert, zeigt die Spielwarenmesse schon jetzt.

Nachtrag 4.2.2013: Die Spielwarenmesse verzeichnet einen Besucherrückgang von 76.055 im Jahr 2012 auf aktuell 73.500. Nur 91,3 Prozent der Aussteller gaben an, dass sie nächstes Jahr wieder in Nürnberg ausstellen werden.

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Kommentar von Ulrich Geiger |

Hallo Herr Weidelich,
Ihre Einschätzung hätte ich nicht besser formulieren können! Ihre Wertung trage ich vollinhaltlich mit.
Seien Sie weiterhin ein so kritischer und zeitnaher Beobachter nach allen Seiten der Szene.
Danke.
Schöne Grüße
Ulrich Geiger

Kommentar von Christian Gahre |

Sehr geehrter Herr Weidelich,

vielen Dank für Ihre Mühen "Nürnberg" zu dokumentieren und insbesondere für dieses Statement. Das wird bei Einigen "etwas polariseren" denke ich.
Mein Dank gilt Ihnen besonders, weil, wie ich finde, Sie hier auf Ihrer Website kritisch aber korrekt mit der ganzen Materie umgehen. Beweiräucherung gibt es genug, jedoch, da wo es angebracht ist muss es auch sein! Aber gejammere über Lieferzeiten sowie "nicht korrekte Handmuster" nerven einfach schlechhin. Manche haben wohl überhaupt kein Einfühlungsvermögen so scheint es allzuoft. Eisenbahn als Hobby...Spur 1 als Luxusartikel. Musste mir neulig sagen lassen ich bin bescheuert für sowas 2000 Euro und mehr auszugeben. Ja, wenn man keinen Bezug dazu hat, kann man das sicher so sehen, deswegen braucht es auch keine Richtigstellung, jedem das Seine.
Dadurch das ich nach langer Abstinenz zur Eisenbahn zurückgekehrt bin daran ist ein Hersteller aus Lauingen schuld"..... Mein Sohn mit seinen 8 Lenzen ist davon fasziniert, gleichwohl weiss er noch nicht, das diese tollen Maschinen ein heiden Geld kosten. Wird er in Zukunft mit "Eisenbahn" weitermachen....?, wenn er erst einmal weiss was das alles kostet? Ab wann kann er sich diese Teile eventuell einmal leisten?

Wie Sie treffend erwähnen, Spur 1ser sind älter. Da will man(n) und Frau geniessen denke ich (ja ein paar Frauen gibt es auch!).

Nur was dieses Jahr gerade in der Spur 1 Welt passiert, ich weiss nicht ob das so gut ist.
Ich weiss auch nicht, ob derart viele Messen dem Hobby Eisenbahn zuträglich sind. Wer soll das alles kaufen?
Nürnberg ist für alle "Spielereien", Modellbahn ein kleiner Teil. Die, die leztendlich kaufen, dürfen nicht dahin, was solls dann?
Ich halte es für besser Fachmessen zu veranstalten und ich denke, in Zukunft wird es definitiv dahin gehen.
Die Markbereinigung wird stattfinden, dessen bin ich mir ganz sicher und wer in der Branche (gerade Spur 1) nicht taktisch klug in die Zukunft investiert, Kunden bindet und auf Wünsche eingeht (solange sich da was verdienen lässt, ist ja klar) wird das Nachsehen haben.
In der Hoffnung auf viele weitere Informationen und Statements von Ihnen.

Mit Besten Spur 1 Grüssen
C. Gahre

Kommentar von Michael Homburg |

Hallo Herr Weidelich,

ein sehr mutiger, aber absolut zutreffender Artikel.

Mich wundert der erste Kommentar darauf, da entsprechendes in Foren geschrieben eigentlich grundsätzlich anders bewertet wird.

Bitte davon nicht abhalten lassen, nur wenn immer wieder der Finger in diese "Wunden" gelegt wird, wird sich vielleicht etwas ändern und unser Hobby könnte weiter Bestand haben.
Es ist ja nicht so, dass auf den Messen nur "alte" Leute zu sehen sind, interessierter Nachwuchs scheint da zu sein.

Ist aber alles nur meine Meinung - und die muß ja nicht richtig sein.

Nette Grüße.

Michael Homburg

Antwort von Friedhelm Weidelich

Liebe Vorredner, liebe Leser,

ich schreibe so etwas nicht, um Firmen zu ärgern oder zufriedenen Kunden ihr Hobby zu vermiesen. Ich sehe die zum Teil gewaltige Diskrepanz zwischen dieser Branche und anderen Branchen, sowohl in der Kommunikation mit den Medien als auch mit den Kunden. spur1info wird von ganz gewöhnlichen Menschen mit Durchschnittseinkommen gelesen, und sicher sind auch Kunden dabei, die sich die teuren Stücke fast vom Mund absparen müssen. Aber hier lesen auch Vorstände, Geschäftsführer, Professoren, leitende Ärzte, hohe Beamte und wohlhabende Pensionäre, die schon von ihrer beruflichen Position her mit Respekt behandelt wurden und werden.

Es mag ja sein, dass bei diesem Hobby das Herzblut stärker ist als die Erwartung, als Kunde mit Respekt empfangen zu werden. Denn schließlich bezahlen wir die Arbeitsplätze unserer Lieferanten und belohnen ihre Risikobereitschaft. Doch genau das lassen uns viele nicht spüren. Mit weihnachtlich glänzenden Augen bitten wir um die freundliche Zuteilung des Stoffs und nehmen mangelnde Umgangsformen in Kauf. Bei Aldi, im Golf-Shop, bei Lexus oder im Buchladen werden Kunden wie Kunden behandelt. Wer sich in Sinsheim durch den tropisch heißen Bazar schlängelt, sollte nicht mit einem Lächeln rechnen oder dass der Anbieter zur Begrüßung von seinem Campingstuhl aufsteht. Auf ein Glas Wasser oder einen Kaffee sollte man schon gar nicht hoffen.

Als Selbständiger, der auch in großen Unternehmen, Agenturen und Redaktionen gearbeitet hat, kenne ich auch die andere Seite: Dass nicht alles bezahlbar ist, was machbar wäre. Dass Menschen Fehler machen, dass sie so mit Arbeit überschüttet werden, dass sie sich aufs Wesentliche konzentrieren müssen. Der Wille zur Perfektion ist wichtig, aber auch hier gilt die 80:20-Regel. Good enough is good enough. Ein Handarbeitsmodell aus China kann nicht völlig perfekt sein. Aber es kostet auch weniger als eine handgemachte Schweizer Uhr.

Wenn Geld keine Rolle spielt, sind Fehlausgaben und unreife Produkte vielleicht nicht das Problem. Doch für das Fehlen von Qualitätskontrollen, schlechte Kommunikation, unverschämten Umgangston (auf beiden Seiten!), mangelnde Informationen und fehlende Bauanleitungen gibt es keine Entschuldigung. Wer einen Fernseher, eine Digitalkamera oder eine teure Armbanduhr kauft, repariert sie auch nicht selbst, wenn sie ab Werk nicht in Ordnung ist. Da gelten Qualitätsstandards und Umtauschrechte. Und die kann ich selbstverständlich auch von der Modellbahnindustrie erwarten, selbst wenn manche das für "Spielzeug" halten. Es sind Industrieprodukte wie jedes andere. Ich kann mein Geld auch nicht mit drittklassiger Arbeit verdienen.

Ich hänge selbst, wie die meisten von uns, an den Epochen III und IV. Wir hatten das Thema schon einmal: Für die Jüngeren gibt es so gut wie nichts. Doch wer sammelt und baut schon konsequent? Warum gibt es keine modernen Fahrzeuge, die 40Jährige faszinieren – die mit der Bundes- und Reichsbahn nichts am Hut haben? Und für die sich auch mal ein eingefleischter Epoche-III-Sammler erwärmen kann, weil moderne Loks eine eigene Ästhetik haben. Wo kein Angebot, da keine Nachfrage. Nach einem iPad hat auch keiner gefragt, es revolutioniert die Branche.

Eigentlich wäre Innovation eine Domäne für Märklin, um neue Kunden zu generieren. Mit dem Adler und dem achten oder 35. Krokodil, fürchte ich, kann man Leute von heute nicht mehr locken. Und ein risikoloses Geschäft gibt es bei der Modellbahn nicht mehr.

In der Summe geht es mir darum: Ich möchte, dass diese Branche sich an normale Standards anpasst und überlebt. Und ich will ausgereifte Ware und verbindliche Umgangsformen. Als Kunde und auch als Journalist. Denn in anderen Branchen klappt es mehr oder weniger auch.

Danke und beste Grüße,
Friedhelm Weidelich

Kommentar von Frank Elze |

Guten Tag Herr Weidelich, im ganzen stimme ich Ihnen zu. Zuerst wollten wir auch nach Nürnberg, zwingende Angelegenheiten in China, vor Ihrem großem Jahresfest, hinderten uns daran. Nach Ihrem Artikel wahrscheinlich auch verzichtbar gewesen. Ich möchte aber auch betonen das man auch in Spur 1 die Modelle für alle erschwinglich bauen kann. Selbst mit China kann man terminiert bauen und ausliefern. Man muß eventuell auch den richtigen Partner vor Ort haben. Selbstverständlich muß auch dem Kunden größte Aufmerksamkleit für seine Interessen geschuldet werden. Ich baue, liefere und ihr kauft, geht nicht ! Der Kunde beschert uns den Erfolg und wenn er sich nicht erhört fühlt, dann herrscht Frust und Zurückhaltung. Vielleicht nicht jedermanns Geschmäckle, in der Modellbahnbranche ! Aber wir sehen in jedem Kunden nicht nur den Käufer, sondern auch die Persönlichkeit, die mit zum Gelingen des miteinander beitragen kann. Wenn wir weg aus China wollen dann gibt es nur eins !* Das Kollektive miteinander der Anbieter in Deutschland und wieder hier produzieren. Ein Zusammenschluß der ganzen Hersteller und es wird gemeinsam investiert. Dies sichert hier Arbeitsplätze, Made in Germany und Termine die man einhalten kann.
Die Qualität unserer Ingenieurskunst und deren Umsetzung braucht nicht weiter erwähnt werden. Sie ist Selbstverständlich !

Mit freundlichem
Gruß Frank Elze

Kommentar von R. Heil |

Hallo Herr Weidelich,
super!!!! Mal wieder ein richtig guter Kommentar. Aus meiner Sicht haben Sie die Situation genau beschrieben. Es geht aber (in ihrem Artikel) nicht nur um Nürnberg sondern um die ganze Situation bei der Modellbahn und Spur 1. Endlich jemand aus dem Bereich Presse, der auch mal "die Finger in die Wunden" legt und nicht nur Hofbericht-Erstattung betreibt. Weiter so...
R. Heil

Antwort von Friedhelm Weidelich

Danke, lieber Herr Heil. In der Tat ist es eine Branchenbetrachtung geworden. Leider wird es die nicht erreichen, bei denen sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren in Sachen Marketing und Selbstdarstellung nichts mehr bewegt hat. Sie werden mit einer überalternden Kundschaft untergehen. Um einzelne Hersteller ist es schade.

Kommentar von Jens Klose |

Hallo Herr Weidelich,

danke für den Bericht. Ich gebe Ihnen recht, das man es als Kunde nicht immer einfach hat. Aber glauben Sie mir, den Herstellern geht es nicht anders. Ich sag es mal so: Es ist eine Hassliebe zwischen Kunde und Hersteller. Beide hassen sich, können aber nicht ohne den anderen. Das ist leider aus einer Zeit entstanden, wo Modellbahnhersteller auf Messen noch wie Götter aufgetreten sind und teilweise von Ihrer Kundschaft aber auch so behandelt worden sind. Produkte waren nicht immer ausreichend verfügbar, ja das gab es auch auf dem Westmodellbahnmarkt. Die Kleinserienhersteller waren auch noch richtige Kleinserienhersteller.

Ich erinnere mich noch wie ich 2002 mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Damals habe ich mit Bausatzmontagen der namhaften Hersteller in H0 begonnen. Ich hatte Kunden, welche Fertigmodelle einer renomierten Modellbaufirma im H0-Sektor haben wollten. Ich hatte damals meine Daten per Mail alles eingereicht und um Aufnahme als Händler gebeten. Weil ich nach 14 Tagen immer noch keine Antwort bekommen hatte, erlaubte ich mir, nachzufragen, ob meine Unterlagen denn auch angekommen wären? Als Antwort habe ich bekommen: "Wir beliefern doch nicht jede Kellerspelunke" Die Kellerspelunke hat dann jahrelang Umsatz im größeren fünfstelligen Bereich gemacht. Ich gebe Ihnen recht, das der Markt sich wandelt und viele Hersteller hier mit der rasanten Geschwindigkeit des Zuges nicht mehr mithalten können. Glauben Sie mir aber, der Zug verliert momentan an Fahrt und ich habe das dumpfe Gefühl, das irgentwo in nicht allzunaher Zukunft der Zug entgleist. Es werden die Hersteller dann einen Vorteil haben, welche hier noch Werkzeugbau, Konstruktion, Maschinen und vor allem noch Fachkräfte haben, die das alles noch umsetzen können. Das Markenzeichen "Made in Germany" wird wieder was bedeuten in der Zukunft.

mit besten Grüßen

Jens Klose