Vollmer gibt auf
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 4)
Zwar war Vollmer nie so populär und omnipräsent in den Läden wie Faller und Kibri. Doch mit wildromantischen Bw-Bauten (für die ich nie ein Vorbild entdeckt habe), Brücken und Bahnsteigen erschloss sich Vollmer Lücken im Sortiment und wagte sich sogar in die Gartenbahnszene vor. Bald hört Vollmer auf. Ein weiteres Indiz, dass der Modellbahnmarkt schrumpft.
Pressemitteilung von Ferpress:
Wie Ferpress über die Weihnachtsfeiertage erfuhr, steht seit Kurzem fest, dass die 1946 gegründete Stuttgarter Traditionsfirma Vollmer zur Jahresmitte 2014 ihre Pforten in der Porschestraße im Stadtteil Zuffenhausen endgültig schließt. Dies wurde von der Firmenleitung bestätigt.
Eine traurige Nachricht für die vielen Modellbahnfreunde, die ihre Anlagen seit Jahrzehnten mit den zahllosen Gebäudemodellen des bekannten schwäbischen Familienunternehmens schmücken. Noch einmal wird Vollmer auf der Nürnberger Spielwarenmesse Ende Januar vertreten sein und Neuheiten vorstellen, die noch im 1. Halbjahr 2014 hergestellt und an den Handel ausgeliefert werden.
Für viele Branchenkenner ist diese Entscheidung, die mit dem Verkauf des Firmengeländes einher geht, eine echte Überraschung, da Vollmer bis dato zu den stabileren Firmen der Modellbahnbranche gehört. Rote Zahlen wurden bis zuletzt vermieden, nicht zuletzt auch wegen der jeweils rechtzeitigen Anpassung der Firmengröße an rückläufige Veränderungen im Zubehörbereich des Modellbahnsektors.
Dazu Firmen-Geschäftsführerin Susanne Vollmer auf Anfrage von Ferpress:
"Auch wir als kleines mittelständisches Unternehmen haben unter der allgemeinen Entwicklung zu leiden. Wir sind in diesem Zusammenhang nach reiflicher Überlegung zum Fazit gekommen, dass es besser ist, rechtzeitig und geordnet aufzuhören und nicht länger auf eine ungewisse Zukunft des Unternehmens zu bauen. Dies wäre letztlich auch gegenüber den noch verbliebenen Mitarbeitern unfair gewesen. Ich hoffe dabei sehr, dass es mit unserer Mithilfe gelingt, sie alle in den nächsten Monaten an anderer Stelle unterzubringen."
Für den Spur-1-Markt hat diese Meldung direkt keine Relevanz, passt aber in das Bild eines schrumpfenden, sich immer mehr zersplitternden Modellbahnmarkts. Denn auch Märklin hat seine Umsatzziele für 2013 um gut fünf Prozent reduziert.
Einen aktuellen Film über Vollmer gibt es bei der ARD. Zur Vollmer-Website geht es hier.
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Kommentar von Peter Hornschu |
Das sind ja traurige Nachrichten zum Jahreswechsel. Ist mir Vollmer doch in meiner Spur N Zeit einer der liebsten Modellhaus Hersteller gewesen, und seine Bausätze als sehr Detailreich und überdurchschnittlich Passgenau in Erinnerung. Vom Sägewerk und Windmühle mit Antrieben bis hin zum gigantischem Bhf Baden und alle dazwischen liegenden Wohn- Geschäfts- und Gewerbe Bauten konnte ich über die Jahre auf meiner N Anlage stellen. Zum Glück haben sie nach dem Abbau ein neues Landschaftlich reizvolles Zuhause auf unserer Clubanlage gefunden.
Schade, eine bedauernswerte Entwicklung für den Modellbahnmarkt.
Grüße
Peter Hornschu
Kommentar von Günter Westenberg |
Kann mich Peter Hornschu nur anschließen.Habe die Bausätze früher gekauft,und in meiner Lehre auch verkauft.
Eine traurige Nachricht.
MfG Günter Westenberg
Kommentar von Thorsten Sprenger |
Von der Nachricht war ich anfangs regelrecht schockiert (obwohl ich mittlerweile in Spur 0 und nicht mehr H0 aktiv bin). Aber je öfter ich die Zeilen oben lese, desto mehr habe ich den Eindruck, es wird der traditionsreiche Firmenstandort, aber nicht die Firma aufgegeben.
Umstrukturierungen, vielleicht auch Veränderungen der Produktionstechnik (z. B. lasern statt spritzen) scheinen mir ein möglicher Hintergrund zu sein.
Viele Grüße,
Thorsten
Antwort von Friedhelm Weidelich
Das wäre durchaus denkbar. Meines Wissens lebt Vollmer schon sehr lange als Zulieferer von Kunststoffteilen für Porsche. Modellbahnzubehör war demnach nur ein Zubrot. Wenn diese Sparte sich nicht mehr trägt, wird man sie aufgeben. Doch die Firma dürfte als Automobilzulieferer an anderer Stelle weitermachen.
Kommentar von Steffen Schäfer |
SCHADE - Unvergessliche Kindheitserinnerungen: Das Blättern in den Katalogen, das Plattdrücken der Nase am Schaufenster meines Moba-Händlers, der Wunschzettel, die Vorfreude auf die weihnachtliche Bescherung, der mehr oder minder große, schön verpackte Karton...... das Öffnen und natürlich das sorgfältige, stundenlange Zusammenkleben der Modelle. Der Stolz nach getaner Arbeit auch schon über die noch unfertigen Baufortschritte.... der Klebergeruch, das scharfe Teppichmesser, die unterschiedlich farbigen Spritzgussteile, ......
Wieder geht ein Stück Kindheit verloren. SCHADE.
Beste Grüße,
Steffen Schäfer
Antwort von Friedhelm Weidelich
Ja, schade. Aber die Zeiten haben sich geändert: Modellbahnen und Zubehör gibt es nicht mehr für Taschengeld. Zu Weihnachten hat so gut wie kein Händler mehr eine Anlage im Schaufenster. Zeit und Geduld hat auch kaum noch jemand. Und welcher Jugendliche will eine Anfangspackung mit einer Dampflok und DB-Wagen, die er bestenfalls aus Wikipedia kennt? Modelleisenbahnen sind für Normalverdiener unerschwinglich geworden. Modellbahngeschäfte sind selten und haben oft keine große Auswahl, weil der Preiskampf einer Lagerhaltung schwer macht. Und schon vor 25 Jahren hörte ich im Fachgeschäft: "Haben wir nicht, müsste ich Ihnen bestellen." Ende des Verkaufsgesprächs.
Die Modellbahnbranche hat munter jedes Jahr die Preise erhöht, den Markt durch zu viele Neuheiten überflutet und den Service abgebaut. Nun bekommt man ladenneue oder kaum gebrauchte Modelle günstig bei Ebay. Der Spur-1-Markt ist der nächste, der in den Abwärtsstrudel gerät. Es wird nur noch wenige Jahre dauern.
Der frühere Vollmer-Geschäftsführer und Berater sagte einer Zeitung, Modellbahnen könne man nicht im Internet verkaufen. Und wenn ich mir die Vollmer-Neuheiten 2014 (noch nicht online) anschaue: Häuschen knapp im TT-Maßstab mit Türen für H0-Menschen. Dann ist es nicht schade, sondern nur konsequent, den Laden zuzumachen.