Stahlschwellengleis von Hosenträger in der Praxis
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 0)
Ich habe großes Verständnis für alle, die Märklin- oder Hübner-Gleis zusammenstecken und damit zufrieden sind. Es ist plug & play, und wenn Märklin alle paar Jahre mal ein paar ehemalige Hübner-Weichen ausliefert (ich warte jetzt bald zwei Jahre), wird das befahrbare Diorama oder die kleine Anlage sogar irgendwann einmal fertig. Sofern man nicht auf alternative Anbieter wie MSM und Hegob ausweicht oder auf KM1-Weichen wartet.
Bei der Spur-1-typischen Detailbesessenheit spricht manches für vorbildnahe Gleise. Dagegen spricht, dass man nicht nur Finescale-Räder gegen Aufpreis erwerben muss, sondern auch riesige Radien und sehr schlanke Weichen braucht. Ich bin bei den hässlichen, überdimensionierten NEM-Spurkränzen geblieben, weil sie bei wenig Platz praktikable Radien von 160 bis 230 cm erlauben und Kosten sparen helfen. Denn feinere Gleise kosten schon deshalb mehr Geld, weil mehr dran ist. Die Gleise von Hosenträger und die originalgetreuen Weichenböcke der 1pur-Macher sind Eisenbahnmodelle vom Feinsten, funktionieren aber nur mit entsprechenden Fahrzeugen.
Okay, so ganz stimmt das nicht, denn NEM-Räder bewältigen zumindest das Stahlschwellengleis von Hosenträger. Und so habe ich für mein erstes Modul, das auch für Fotozwecke herhalten soll, 120 cm dieses Gleises vorgesehen. Das Schienenprofil ist 4,6 mm hoch, also nur 0,5 mm niedriger als die üblichen Gleise von Märklin, KM1 und Co., aber wesentlich schlanker. Es lässt sich also ohne nennenswerte Probleme damit kombinieren. Unterschiedliche Profile und Metergewichte gibt es beim Vorbild auf vielen Strecken.
Die Bestandteile des Hosenträger-Gleises sind nur bei den Schrauben und Muttern der Schienenlaschen erschreckend winzig. Zum Glück lagen ein paar Muttern mehr bei, denn sie sind mit einer Schlüsselweite von 1,3 mm so groß wie ein feines Sandkorn und praktisch unauffindbar, wenn sie einmal davongesprungen sind.
Zum Start sind die Stahlschwellen ideal, weil sie die Klemmplatten schon in den Kunststoffspritzling integriert haben. Herr Dreyer hat mir die Schwellen und Schiene freundlicherweise sandgestrahlt. Das hat zwei Vorteile: Die Schwellen werden später leichter Pigmentfarben annehmen und die Schienen reagieren sofort beim Auftragen der Brünierung.
Aller Anfang ist schwer, doch mit Hilfe der Bauanleitung und ein paar guten Tipps von Modellbauer Horst Göhr habe ich mich an die Arbeit gemacht und nebenbei eine Methode entwickelt, die zu mir passt. Die 468 mm langen Schienenstücke sind an den Enden bereits vorgebohrt. Das Ende der Schienenlaschen sollte etwa hinter der Schraube der ersten Schwelle liegen. Auf dem Foto oben könnte die Schwelle noch ein, zwei Millimeter weiter nach links. Um die erste Schwelle rechtwinklig zu den Schienen auszurichten, habe ich mich an einem rechten Winkel orientiert. So bleiben auch die Schienenenden gleichlang. Die beiden mitgelieferten Abstandsbrettchen erhielten eine Warenmusterbeutel-Klammer aufgeklebt, damit sie sich leicht herausheben lassen. Sie markieren den Abstand zwischen den Schwellen.
Ich habe zunächst alle 23 Schwellen auf die Schienenprofile geschoben und grob verteilt. Die erste Schwelle habe ich mit Sekundenkleber von unten fixiert und mich dann Plättchen für Plättchen nach rechts vorgearbeitet. Einzelne Schwellen sitzen etwas lockerer und verschieben sich schon mal oder stellen sich schräg. Beim zweiten Gleisjoch habe ich auf das Festkleben verzichtet und mich auf mein Augenmaß verlassen. Es funktioniert!
Zeit zur Korrektur schräger Schwellen hat man gleich. Zunächst wird aus einer Trittschalldämmplatte aus Styrodur ein 74 mm breiter Streifen geschnitten und mit Acryl-Dichtungsmasse, schnell abbindendem Holzleim oder Tacky Glue dünn eingestrichen. Acryl hat den Vorteil, dass man den Schwellenrost oder die Weiche ohne Schaden von der Unterlage entfernen kann, falls man später umbauen will.
Ich hatte (auf dem Foto oben) zunächst eine Universaldichtungsmasse verwendet, die sich aber schwer dosieren ließ. Da es aber nur auf eine nicht stark belastbare Klebung mit längerer Abbindezeit ankommt, braucht man sich nicht verrückt zu machen. Man drückt das einigermaßen geordnete Gleisjoch auf die Fläche und macht dann die Feinarbeit. Die wenigen aus der Reihe tanzenden Schwellen lassen sich mit Augenmaß ordnen. Millimeterbruchteile an Differenzen wird man später im Schotter nicht mehr sehen.
Mit einem glatten (Regal-)Brett beschwert ruht das Gleisstück nun über Nacht und ist dann stabil genug für die Brünierarbeiten. Dazu liefert Hosenträger ein Fläschchen Ballistol Klever Schnellbrünierung. Man bekommt es auch im Waffenhandel.
Mit einem weichen Pinsel werden die Seiten der Schienen bestrichen, die sich in wenigen Sekunden schwarzbraun verfärben. Hilfreich sind ein, zwei Tropfen Netzmittel, falls Sie noch Reste in Ihrem Fotolabor haben. Wenn nicht, bekommen Sie im Fotoladen der nächsten Stadt vielleicht noch Tetenal Mirasol 2000 Antistatic. Ein Viertelliter kostet 10,50 €, hält bei der empfohlenen Verdünnung von 1+400 ein Leben lang und ersetzt klebrige Spülmittel und teure "Fließverbesserer". Mirasol diente früher dazu, beim Trocknen von Filmen das Wasser spannungsfrei ablaufen zu lassen. Das Mittel baut rückstandlos die Oberflächenspannung von Wasser ab – und die stört ja auch beim Schotterkleben.
Auch das Brüniermittel hat eine Oberflächenspannung. Deshalb bleiben die Stellen hinter den Schraubenimitationen oft blank und müssen nachgetupft werden. Dank Mirasol kriecht die Brünierung dahinter. Bevor die Brünierung von glänzend auf matt umschlägt, können bereits rostfarbene Pigmente aufgebracht werden, die sich gut auf dem sandgestrahlten Neusilber festsetzen.
Will man sichergehen, dass sich die brünierten Schienen später nicht verfärben, spült man das Gleisjoch mit fließendem Wasser ab und lässt es über Nacht trocknen.
Man kann das Gleisjoch mit der Styrodurplatte aber auch aufkleben und die Brünierung später vornehmen. Dann wischt man mit einem nassen Pinsel die Brünierungsreste ab. Ein bisschen Pfusch darf sein. Manche verzichten auch ganz auf die Wässerung.
Zum Aufkleben habe ich Ponal Super 3 verwendet. Der Holzleim bindet schon nach zwölf Minuten ab und ist schnell so zäh, dass man das Gleisjoch zwar noch etwas verschieben kann, aber bis zum Abbinden nicht mehr lange Zeit beschweren muss.
Vor dem Aufkleben sollte man noch an den Enden des Moduls eine Spannungseinspeisung vorsehen. Die unter dem Schienenfuß angelöteten Kabel verschwinden später im Schotter. Das Kabel hier ist eher zu dick, denn es müssen keine hohen Ströme transportiert werden. Man kann sich's also einfacher machen und feineren Draht bis zum durchlaufenden Kabel legen.
So sieht die Schiene fünf Sekunden nach dem Auftragen der Brünierung aus. Das Mittel ist noch nicht überall verteilt. Mangels Mirasol ist hinter dem Kleineisen eine helle Stelle geblieben. Sandgestrahlte Profile nehmen die Beize schneller auf. Unbehandelte Schienen müssen zuerst entfettet und dazu zum Beispiel durch Stahlwolle gezogen werden.
Die brünierte Schiene wirkt schon ziemlich vorbildnah. Bei der sandgestrahlten Schiene ist die Oberfläche leicht angerauht wie bei echtem Gleis.
Für das Anbringen der Schienenlaschen nach dem Aufkleben des nächsten Gleisjochs braucht man eine ruhige Hand und einen ausgeglichenen Seelenzustand. Wenn es nicht auf Anhieb klappt, verschieben Sie die Arbeit auf einen besseren Zeitpunkt. Mit ruhiger Hand ist es leichter als gedacht. Die Schrauben werden nach dem Ausrichten der Schienen mit einer spitzen Zange angefasst und durch die Laschen außen und innen gesteckt. Die viereckigen Schraubenköpfe sind außen am Gleis und werden durch die Laschenform fixiert. Die vier winzigen Muttern sitzen innen.
Zwischen den Schienen bleibt ganz automatisch ein Abstand von ca. 0,3 mm. Zum Halten der Muttern liefert Hosenträger ein Messingrohr mit Sechskant mit. Am besten legt man die Mutter auf eine weiße Fläche mit der Öffnung nach oben und versucht sie mit dem Werkzeug von oben zu fassen. Wenn sie nicht verkantet ist, fasst sie schnell die Schraube und ist im Nu aufgeschraubt. Die Flächen hinter den Laschen kann man zuvor etwas mit Kontaktspray oder Leitpaste benetzen. Später werden auch die Laschen mit Kaltbrünierung bearbeitet.
Nun liegen die ersten beiden Schienenjoche. Es war gar nicht schwer und hat eine Menge Spaß gemacht. Man gewöhnt sich an, jeden Tag ein paar Minuten an einem Gleisjoch zu arbeiten und sich Zeit zu lassen. Das entspannt und kann sogar ein wenig "süchtig" machen – erzählen auch andere Kunden. Für kleine und große Dioramen, auf denen man Modelle präsentieren und fahren will, bietet sich das Stahlschwellengleis von Hosenträger auf jeden Fall an.
Zum Schottern und zum farblichen Finish komme ich dann im zweiten Teil in einigen Tagen.
Nachtrag 19.2.2013: Das Selbstbaugleis ist im Prinzip für NEM-Räder geeignet. Nur die 2,2 mm hohen Spurkränze von Märklin berühren minimal die Schraubenköpfe aus Kunststoff. Diese kann man mit einem Schleifblock leicht um Millimeterbruchteile kürzen. Modelle von Kiss und KM1 rollen frei über das Gleis mit seinen vorbildgerecht leicht nach innen geneigten Schienen.
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