Silberling-Steuerwagen von Märklin (aktualisiert)

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 3)

Märklin Silberling-Steuerwagen 58342, Spur 1. Foto: Friedhelm WeidelichDer neue Steuerwagen für die Nahverkehrswagen ("Silberlinge") von Märklin ist so gut ausgefallen, wie man erwartet hat. Mit einer Besonderheit muss man aber klarkommen.

Das Handmuster der Märklin-Herbstneuheit 2013 versprach bereits Gutes, und nun ist der Steuerwagen BD4nf-59 bzw. 738 von Märklin auf dem Weg zu Händlern und Kunden. Und trotz seiner enormen, vorbildlichen Länge von 825 mm wird mancher nicht auf den Wagen verzichten wollen, denn es ist ein Sounddecoder an Bord, für den man gern einen Wendezug zusammenstellt. Wer nicht in die Dampflokzeit zurück will, hat mit einer V 100 das richtige Zugpferd. Die kürzesten Wendezüge kamen mit einem dieser "Sitzwagen mit Gepäck- und Steuerabteil" und einem weiteren Sitzwagen aus. Vernünftige Radien vorausgesetzt, kann man so einen 2 m langen Pendelzug einrichten.

In der Ausführung entspricht das Märklin-Modell 58342 den anderen Silberlingen, die spur1info hier kurz vorgestellt hat. Alle sind hoch detaillierte Kunststoffmodelle mit eingesetzten Fenstern, deren untere Rahmenhälfte nicht lackiert ist, Vorhängen in verschiedenen Anordnungen und feinen Sitzbänken mit den typischen messingfarbenen Gestellen und Gepäckablagen. Die Wagen besitzen ein feines, in die Seitenwände geprägte Imitationen des Pfauenaugenmusters und aufgesetzte Zuglaufschilder. Die Beschriftung ist lupenrein, die bei den anderen Wagen fehlenden Symbole für den Frischwasseranschluss sind diesmal aufgedruckt.

Während die anderen Wagen Abteile und Großraumabteile haben, wurde der BD4nf mit einem Gepäckabteil versehen. Es ist mit einem Sitz für den Zugführer und einem Sortierschrank ausgestattet. In einer Kiste befindet sich der Lautsprecher, der nach unten durch Löcher im Wagenboden abstrahlt. Die Fenster werden durch Drähte vor umfallender Fracht geschützt.

Am Kopfende des Wagens ist rechts der Führerstand untergebracht, in dem ein Lokführer sitzt. Leider erreicht seine breite Hand nicht das Schaltstufenrad, was aber nicht weiter tragisch ist. Der Führertisch ist gut detailliert und bemalt, daneben thront das Handbremsventil. Der "Hasenkasten" genannte Führerstand war durch eine Tür abtrennbar, um den Durchgang freizugeben, wenn der Wagen einmal mitten im Zug lief. Ein Detail, auf das wir noch zu sprechen kommen müssen. Etwas ärgerlich ist, dass sich das Übergangsblech vor der Tür nicht oben arretieren lässt, denn wenn der Steuerwagen führte, war es immer oben.

Auch der neue Steuerwagen rollt etwas schwer auf den gut gelungenen Drehgestellen vom Typ Minden-Deutz leicht. Sie haben mit beweglichen Rahmenwangen aus Guss und Nylonlager. Die Bremsschuhe stehen sehr weit ab, was zum Glück nur bei intensiver Beleuchtung ins Auge fällt.

Die Beleuchtung lässt sich über den Multiprotokoll-Decoder schalten. Unter der Adresse 3 lassen sich alle 16 Funktionen (von 0 bis 15) probemlos schalten. Mit 0 wird die komplette LED-Innenbeleuchtung eingeschaltet, dabei flackert sie kurz, um das Verhalten von Leuchtröhren zu imitieren. Das Licht hat warme Farben, ein Gemisch aus kaltem Röhrenlicht und Glühbirnen. Die Lampen im Führerstand, in den Vorräumen und Abteilen lassen sich separat ein- und ausschalten.

Schalten lassen sich auch die beiden Schlusslichter und das warmweiße Dreilicht-Spitzensignal, das die Lampen ganz ausfüllt. Die Funktionen sind ein wenig willkürlich verteilt, denn Geräusche mischen sich darunter: das Typhon (in der Bedienungsanleitung "Tröte" genannt), die Schlagglocke, ein Schaffnerpfiff und eine Bahnhofsansage. Streng genommen sind es drei verschiedene Ansagen mit zwei Frauen- und einer Männerstimme – eine nette Idee. Das Geräusch der sich öffnenen und zuschlagenden Türen ist weniger gelungen und etwas zaghaft. Mit F13 wird eine akustische Atmosphäre erzeugt, wie man sie auf Bahnhöfen hören kann; ganz nett, aber Geschmackssache. Originell ist die Durchsage, dass sich die Weiterfahrt verzögert, weil der Streckenabschnitt davor nicht frei ist. Eigentlich eine Durchsage für die Epochen V bis VI... Am Ende lässt sich noch ein heiserer Schaffnerpfiff auslösen.

In der Regel war der Steuerwagen vorn, die Lok schob und zog am anderen Ende. Deshalb hat sich Märklin entschlossen, am Kopfende mit dem Führerstand eine Schraubenkupplung ohne Kulisse einzubauen. Am anderen Ende ist eine austauschbare Klauenkupplung mit Schwalbenschwanzführung, die auch noch in großen Kurven unverzichtbar ist.

Wie Kollege Peter Pernsteiner erfahren hat, wird Märklin das Rahmenendstück mit Schraubenkupplung und Bremsschläuchen als Ersatzteil anbieten, so dass auch das andere Ende bzw. die anderen Silberlinge problemlos auf Schraubenkupplung umgerüstet werden können.

Wer bereits Silberlinge mit Schraubenkupplungen fährt, wird gebeten, in den Kommentaren seine Erfahrungen zu den notwendigen Mindestradien mitzuteilen.

Nun gab es aber durchaus Fälle, in denen vor den Steuerwagen eine Lok oder ein weiterer Zugteil gehängt wurde. Wer das auch im Modell tun will, muss einen Weg finden, mit der Schraubenkupplung zu arbeiten und sollte sich auf sehr große Radien einstellen.

Gut in den Griff gekriegt hat Märklin das Problem der Dächer, die nicht gut mit den Seitenwänden abschlossen. Das Öffnen (mit Gewalt) und das Aufsetzen (mit viel Geduld und Gefühl) ist gelungen, das Dach sitzt wieder fest.

Fazit: Märklin hat mit dem Silberling-Steuerwagen trotz nicht ganz überzeugender Fenster eine reife Leistung abgeliefert. Wer schon Silberlinge der Epoche III besitzt, kommt um die Anschaffung dieses Wagens nur schwer herum. Der empfohlene Preis von 850 € ist sehr hoch, allerdings hat der Handel günstigere Angebote.

+ detallierte Inneneinrichtung
+ sehr gut eingerichteter Führerstand mit Figur
+ Beleuchtungen für Abteile und Vorräume separat über Decoder schaltbar
+ Pfauenaugenmuster wirkt ab 20 cm realistisch
+ gut gelungene Drehgestelle Minden-Deutz leicht mit beweglichen Rahmenwangen aus Guss und Nylonlagern
+ saubere Lackierung und epochegerechte Bedruckung
+ hohe Fertigungsqualität
+ hoher Spielwert durch interessante Sounds
+ überzeugende Gesamtwirkung

- Stromabnahme macht Radsätze schwergängig
- Bremsschuhe stehen sehr weit ab
- Fenster sitzen zu tief, untere Rahmenhälfte nicht alufarben bedruckt
- Übergangsblech vorn nicht hochkant arretierbar
- Druckluftschläuche und Heizkupplung wurden bei unserem Muster-Exemplar ab Werk nicht mitgeliefert

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Kommentar von Manfred Dinte |

Hallo Herr Weidelich,

sehr gute Fotos, danke.

Zu Bild 21 wäre das Pendant der anderen Seite interessant, die ja ohne Kulisse sein soll. Die wäre ja vielleicht als Austauschteil für andere Wagen zu gebrauchen, wenn man dort eine Schraubenkupplung montieren will. Wäre ja echt was für eine Tauschbörse ... :-)))

"Ein Detail, auf das wir noch zu sprechen kommen müssen."
Waren damit die fehlenden Trennwände am Führerstand gemeint, die ihn dann erst zum Hasenstall machten?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Dinte

Antwort von Friedhelm Weidelich

Hallo Herr Dinte,

danke für die Hinweise. Das Bild mit der Schraubenkupplung hatte ich vergessen hochzuladen, es ist nun als 21a eingefügt.

Zu Ihrem zweiten Absatz: Auf diese Kupplung und was das für den Betrieb bzw. die notwendigen Radien bedeutet, wollte ich zu sprechen kommen.

Zu den angeblich fehlenden Hasenkasten-Türen habe ich folgende Information erhalten: Die Außentür und die Durchgangstür zum Gepäckabteil wurden verwendet, um den Führertisch und die andere Seite abzuschließen, wenn ein Durchgang erforderlich war. Die Außentür ist im Modell eine Drehtür, die innere aber eine Schiebetür.

Kommentar von J.H. |

Hallo Herr Weidelich,
der Hasenkasten ist gut geworden, Ihre Aufnahmen sind ausgezeichnet, vielen Dank. Einige wenige Kritikpunkte: Der Lokführer scheint eine Unterarmgipsschiene zu tragen, daher hält er seinen Arm in der Luft (wenigstens muss er nicht während der Fahrt stehen wie sein Kollege in der BR 110), die LED's muss man dimmen. Wie kann man Druckluftschläuche am Führerstandsende anbringen, ohne dass sie abfallen? Und Dampfheizschläuche? Das Herabsinken des Übergangsblechs kann man doch sicher mit einem winzigen Tropfen Klarlack an die Scharniere verhindern.
Gruß
Jürgen Hauber

Antwort von Friedhelm Weidelich

Hallo Herr Hauber,

danke für die Kritik. Figuren werden ja sehr unterschiedlich beurteilt, den Lokführer hake ich mal unter Geschmackssache ab. Natürlich kann man das Übergangsblech entsprechend fixieren – das am anderen Ende bleibt schön von selbst oben.

Mit den Druckluftschlächen sprechen Sie einen wichtigen Punkt an, denn es waren keine dabei, obwohl vier Öffnungen im Rahmen dafür vorgesehen sind. Eine Heizkupplung fehlt ebenso. Das hätte bei Märklin nicht passieren dürfen.

Kommentar von Ies Wind (NL) |

Hallo Herr Weidelich und Herr Hauber,

bei meinem Modell waren die vier Druckluftschläuche schon montiert! Sind aber nicht von gleicher Konstruktion (d. h. andere Befestigung) wie diejenigen die bei den anderen Silberlingen beigelegt waren (aber MIT rotem Hahn!).
Keine Heizkupplung.

Antwort von Friedhelm Weidelich

Danke, Herr Wind! Das klingt noch einem Problem mit der Qualitätssicherung bei Märklin.