Schon mal an die JVA gedacht?
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 1)
Wenn ich mich in der Szene umhöre, stoße ich immer wieder auf Menschen, die zum Beispiel als Eisenbahningenieur an der Quelle sitzen und seit Monaten oder Jahren auf der Suche nach einem Betrieb sind, der die fertigen CAD-Konstruktionen fräst, lasert oder sonstwie in ein Kleinserienmodell verwandelt. Oder jemand, der für bestimmte Techniken einen Betrieb sucht, der Teile gießt, Bleche fräst oder anderes.
Auch da herrscht Frust. Wer eine Produktion in Gang bringen will, verzweifelt nicht selten: Der eine potenzielle Lieferant ist überlastet oder so kapitalschwach, dass es für eine Anlaufproduktion nicht reicht. Der Andere wartet seit ewigen Zeiten auf die Zulieferung eines Metallbearbeitungskünstlers, der Dritte bekommt seine Ätzteile nur, wenn der Profibetrieb mal wenig zu tun hat. Zu teuer, zu unzuverlässig oder nicht interessiert an einem winzigen Auftrag – so kommt man nicht weiter.
Fernost ist keine Alternative: Nachdem China und Korea immer größere Serien verlangen, sind diese Billiglohnländer keine Alternative mehr. In Deutschland zu fertigen, ist trotz stagnierender Löhne unbezahlbar. Jedenfalls bei Firmen, die rentabel arbeiten wollen.
Was sich die heutige bayerische Sozialministerin Haderthauer bei der Produktion edler Modellautos leistete, muss kein direktes Vorbild für die Kleinserien-Aspiranten sein. Doch als Anregung taugt die Skandalgeschichte wohl, denn die Werkstätten der Justizvollzugsanstalten – wie etwa in Sehnde bei Hannover – sind nicht nur hervorragend ausgestattet und fertigen zum Beispiel edle Grillstationen. Sie suchen auch nach Arbeit, die den Häftlingen Beschäftigung bringt und bei der Berufsqualifizierung hilft.
Der Riesenvorteil: Es muss keine große Produktion sein, auch kleine Projekte sind willkommen. Und da die Stundensätze im Knast unter 2 € liegen, ließen sich dort auch Teile für Spur-1-Modelle fertigen, die bei einer normalen Firma entweder keine Chance hätten oder für den Endkunden unbezahlbar wären. Und wie die Grills zeigen, kommt dabei sogar professionelle Qualität heraus.
Viele Firmen aus allen Branchen bedienen sich der Gefängniswerkstätten, nur reden mag darüber keiner. Dabei spricht gar nichts dagegen.
Die Zeitschrift Impulse veröffentlichte zur Produktion in den Justizvollzugsanstalten einen lesenswerten Beitrag mit vielen Links. Ich hoffe, dass er bei denen, die etwas planen und einfach nicht vorankommen, für Impulse sorgt. Denn der Anruf im Knast könnte manches Problem zu lösen helfen. Man muss nur darauf kommen.
Tipps für Knast-Käufer
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Kommentar von Kalle |
Grundsätzlich ist der Vorschlag ja nicht verkehrt, geprüft zu werden.
Allerdings:
Wenn ich diverse deutsche Kleinserienhersteller heulen höre dass sie kaum qualifizierte Facharbeiter für ihre Modelle bekommen und das auf dem FREIEN Markt, warum sollte es plötzlich diese Leute im Knast geben?
fragt sich
Kalle