O 10 Halle der DRG und DB von Fine Models
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 6)
Einen Hemmschuh sollte man zur Hand haben, wenn man die 790 und 710 Gramm schweren Spur-1-Ganzmetallwagen aufs Gleis stellt. Denn die offenen Wagen der DRG und DB haben erstklassige Kugellager und rollen so leicht, dass man sie auch als Wasserwaage einsetzen könnte.
Michael Zimmermann von Zimmermann-Trains hat die Modelle entwickelt, die Fine Models in zwölf Versionen für die Epochen I bis IIIb gebaut und nun ausgeliefert hat. Zimmermann hat die Detaillierung auf die Spitze getrieben und die mit und ohne Bremserhaus versehenen O-Wagen mit allem versehen, was das Vorbild ausmachte. Wenn man die 250 mm und 272 mm langen Modelle in die Hand nimmt, entdeckt man immer wieder neue Kleinigkeiten wie bewegliche Ringe zum Festbinden von Planen, feine Halterungen neben den beweglichen Türen an den Seitenwänden und den beschrifteten Laufzettel im Zettelkasten.
Beim Nachmessen der Länge über Puffer taucht allerdings auch der einzige ernsthafte Kritikpunkt auf: Die Modelle sind jeweils etwa 3 mm zu kurz, weil die Stößel und Pufferteller nicht weit genug aus der Pufferhülse ragen. Große Zweifel habe ich auch, ob die angeschraubten Pufferteller mit den versenkten Löchern in den Epochen II und III verwendet wurden. Kommentare von Puffer-Spezialisten sind willkommen.
Die feinen Bremsschläuche, die winzige Schlauchschellen an den Enden tragen, sind fest mit der Halterung verbunden. Ob man das mag, ist sicherlich Geschmackssache. Bei anderen Herstellern kann man sie am Kupplungsende abnehmen.
Genug gemeckert, nun geht es zu den außergewöhnlichen Eigenschaften der für 1020 € bis 1090 € gehandelten O-Wagen. Die bestens mit Ausrundung zwischen Lauffläche und Spurkranz und auch innen profilierten NEM-Radsätze der ausgeliehenen Muster WH 320 (DB O 10 671784) und WH 21 (DRG Halle 58404) haben nur 1,8 mm Spurkranzhöhe. Das ist entgleisungssicher auf gewöhnlichen Gleisen und beleidigt das Auge nicht.
Die Edelstahl-Radsätze ruhen nicht nur in hervorragenden Kugellagern, sie sind auch gut abgefedert. Die obere Lage der Blattfederpakete ist mit den beweglichen (!) Schaken verbunden. Die Lager können sich in den Achshaltern frei bewegen. Die Federn sind weich genug, um auf Unebenheiten im Gleis reagieren zu können. Auf den Lagerschalen ist, mit dem Makro-Objektiv lesbar, "Zimmermann Trains Berlin" und ein Jahr, vermutlich 2008, in erhabenen Buchstaben eingegossen. Manchmal dauert es eben bis zur Serienreife.
Unter dem Wagenboden befindet sich die komplette Kunze-Knorr-Bremsanlage mit einer eingehängten Feder und Bremslösezügen. Welcher Montage- und Lötaufwand erforderlich war, verdeutlicht vielleicht das folgende Handmuster-Bild:
Die Rangierertritte sind aus Messing mit einer imitierten Holzoberfläche. Die feinen Schraubenkupplungen können unter der Pufferbohle in einen etwas überdimensioniert wirkenden Haken eingehängt werden. Auch an den Pufferbohlen sind die 2 mm großen Sicherungsringe beweglich montiert wie an den Seitenwänden.
Der Wagenboden ist aus feinen Holzplatten gelasert. Die Bretterwände des ganz aus Messing gegossenen Wagens sind auch innen profiliert und außen mit nachgebildeten Zugbändern, T-Profilen und Nieten bestückt. Die Lackierung und Beschriftung ist makellos. Der Laufzettel ist lesbar, wenn man das Gitter des Zettelkastens hochklappt.
Nicht klappbar sind die Stirnwände, auch wenn der Verriegelungsmechanismus komplett nachgebildet ist. Dafür dürften Stabilitäts- und Kostengründe gesprochen haben, zumal Kippvorrichtungen bei Spur-1-Bahnern eher selten vorhanden sein werden. Wichtiger ist, dass die beiden Blechtüren zu öffnen sind – was man bei einem Wagen dieser Preisklasse erwarten muss. So lassen sich Verladeszenen arrangieren.
Der Reichsbahn-Wagen mit Bremserhaus trägt darüber hinaus ein fein modelliertes Bremsgestänge. Die Türen sind separat eingesetzt, aber wohl nicht zum Öffnen gedacht – jedenfalls wollte ich es lieber nicht ausprobieren.
Den wertigen Charakter der exklusiven Modelle betonend, tragen die Wagen ovale Fabrikschilder (Fine Models) und von unten in den Wagen eingesetzte Messingschilder mit www.finemodels.de und der Telefonnummer.
Die letzten O 10 "Halle" wurden 1964 ausgemustert. Als Epoche III/IV-Bahner bedauere ich, keines dieser hoch detaillierten Modelle in meinen kleinen Wagenpark einreihen zu können. Denn die Spur-1-Modelle sind ein optischer Genuss und ein exklusives Sammler-Objekt.
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Kommentar von dr. wolf |
guten Tag,
1964 ist doch im 3. Quartal der Epoche 3 b.
Insofern würde der Wagen noch für einen III/IV Fahrer passen - was die zeitliche Einordnung in die gewählte Zeitspanne betrifft.
Oder nicht?
mit freundlichen SPUR 1 Grüßen,
dr. wolf
Antwort von Friedhelm Weidelich
Ich fange erst bei 1966 an.
Kommentar von Günter Schmalenbach |
Sehr geehrter Herr Weidelich ,
ich habe nicht den Eindruck das ein Modell erst durch hohe Preise zum Sammlerstück wird .
Gerade Sammler legen dann hohe Maßstäbe an , denen dieses Modell nicht in allen Punkten gerecht wird . Der herstellungseitige Aufwand ist natürlich enorm und so wird die Stückzahl gering bleiben.
Bei dem abgebildeten Halle m.Bh. handelt es sich, so gewollt , um einen VBA A1 DRG 54001-63500 O
D.h. wir dürfen genauer hinsehen. Diese Puffer mit Schlußscheibenhaltern haben die Wagen nie gehabt (abgesehen von verbliebenen Schrott-Einzelstücken). Die Rangiererhandgriffe standen in der Regel in einem Winkel von 45-60° (sonst klemmt sich der Rangierer die Hände ein). (So stehen sie auch beim Modell und sind korrekt. Anm.: FW)
Radsätze mit blanken Achsen sind beim Vorbild unbekannt und sollten es auch hier sein. Gilt auch für die Radinnenseiten. (Die Radinnenseiten sind schwarz.)
Die Verbretterung ist am Obergurt falsch (volles Brett , wurde erst viel später mit Winkel verstärkt).
Außerdem ist hier nicht ansatzweise eine Brettermaserung erkennbar , wirkt alles zu glatt . Das gilt auch für den geätzten Wagenboden.
Die Wiedergabe des Türfensters am Bh. ist reichlich einfach gehalten . Richtig ist ein umlaufender Rahmen , nach unten offen . Nur in der oberen Hälfte Verglasung untere Hälfte 3 waagerechte Bretter .
Es gibt auch keine Türklinke sondern einen einfachen nach oben zu hebenden Rückfallhebel zur Verriegelung . Die Nieten an dem Handbremskurbelkasten wirken unproportioniert .
Die Ausführung funktionsfähiger Blattfedern ist sehr problematisch. Man sollte jedoch nicht übersehen das die Blattfedern bei voll und korrekt beladenen Wagen immer noch nicht gerade stehen , geschweigedenn negativ nach unten durchgehen . (Das stimmt leider nicht, siehe Foto des gefüllten Kesselwagens. Weitere Belege habe ich im Archiv. Bei modernen Drehgestellen sind die Federn nach oben durchgebogen. Bei den Fine-Models-Modellen können die Federn maximal waagerecht stehen, sind also korrekt.)
Als Betriebsmodellbahner frage ich mich , was nützt mir ein Waggon als Wasserwaage ? , damit kann kein Mensch rangieren , der läuft doch überall weg .
Sicher gut gemeint , doch bei dem Preis lassen sich mit einfacheren Modellen , die nicht viel schlechter sind , ganze Züge bilden. Und die beweglichen Türen bekommt ein geschickter Bastler auch hin .
Mit freundlichen Grüßen
Günter Schmalenbach
Kommentar von Günter Schmalenbach |
Sehr geehrter Herr Weidelich ,
zu Ihren blau unterlegten Anmerkungen darf ich wiedersprechen.
Wir müssen unterscheiden zwischen Aufstieghandgriffen und Rangiererhandgriffen.
Letztere liegen hier falsch in der waagerechten unter den Puffern .
Bei den Radsätzen ist in der Regel nur die Lauffläche mit Spurkranz
sowie dessen Rückseite blank .
Steht der Wagen 3-4 Tage glänzt garnichts mehr .
Den Aufwand mit der Bremsanlage hätte man sich im Falle von dem DRG Halle 58404 sparen können.
In der Regel hatten diese Wagen m.Bh. eine 4 od. 8 klötzige Handspindelbremse (Leitungswagen)und sind auch dementsprechend im Nummernplan eingeordnet. Nur sehr wenige dieser Wagen wurden spät mit KK-G Bremse ausgerüstet . Die Wagen o.Bh. hatten oft bis zuletzt gar keine Bremse .
Ihr Vergleich mit dem Kesselwagen liegt hier leider voll daneben .
Offensichtlich handelt es sich um ein modernisiertes ehemaliges
ABA-Fahrgestell , Privatumbau ,
auf Staatsbahn mit Sicherheit nicht zugelassen .
Der Wagen ist total überladen und die Federpakethalter schlagen bei der nächsten Bodenwelle voll gegen das Fahrgestell .
Schöne Tankstelle bitte nur im Schritttempo rangieren .
Ich schicke Ihnen noch gute Foto von einem beladen Halle .
Mit freundlichen Grüßen
Günter Schmalenbach
Kommentar von Norman |
Herr Schmalenbach hat in vielen recht!
Allerdings gab es schon zum Ende der Länderbahnzeit solche Wagen mit kompletter Bremsanlage. Siehe die bekannten Fotos des München 58533.(z.B. Eisenbahn-Journal 6/1989)
Das Modell soll ja eine Ausführung von 1918 darstellen, stimmt also. Bei diesem Wagen war auch das Fenster in der Bremserhaustür noch oben und unten verglast.
Mir fehlt eine Brettermaserung dagegen überhaupt nicht! Fand ich schon bei Trix H0 schlimm. Damals wurden die Bretter x-mal geschliffen und verspachtelt, darauf kam ein mehrmaliger (teilweise pampiger) Anstrich. Da sah man keine Maserung mehr. Siehe auch wieder das Vorbildfoto. Das mag sich dann wieder bei verwitterten Epoche 3b Fahrzeugen geändert haben. Messing-Fabrikschilder gab es dagegen bei Güterwagen überhaupt nicht! Selbst bei Personenwagen höchstens bei wenigen Salonwagen.
Kommentar von Wilfried Horrichs |
Mir fehlt eine Brettermaserung auch nicht. Selbst falls beim Vorbild eine vorhanden wäre, wäre diese in 1:32 nicht mehr sicht- oder fühlbar.
Die ehemaligen Hübner-Waggons haben diese. Für meine Begriffe viel zu stark. Da wirken die Bretter eines Märklin G10 besser.
Die Kastenstütze unter der Türe des O10 dürfte ebenfalls falsch sein.
Kommentar von Henry Wolf |
Hallo Herr Horrichs, in der Beschreibung des Untergestells des O 10 Halle steht ganz deutlich, dass die Wagen mit Bremserhaus 6 Pressblechhalter (Kastenstützen) je Seite hatten und die Wagen ohne Bremserhaus 5 Pressblechhalter (Kastenstützen) je Wagenseite.
Auf guten Fotos kann man es auch erkennen.