"Nostalgieschmiede" Dampflokwerk Meiningen
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 2)
Im Gegensatz zu anderen Fernsehproduktionen über Eisenbahnen wurde hier nicht nur oberflächlich berichtet, sondern der geschichtliche Hintergrund des RAW Meiningen (Reichsbahn-Ausbesserungswerk) und die Gegenwart z. B. mit der Ausbildung junger Menschen gezeigt, damit die Dampfloktechnologie weiter gepflegt werden kann. Da die "Nostalgieschmiede" wirtschaftlich arbeiten muss, sucht sie Kunden in ganz Europa – vor allem in Frankreich und Österreich.
Pressetext des MDR:
170 Tonnen wiegt sie, ihre riesigen Treibräder messen 2,30 Meter Durchmesser und mit 182,5 km/h hält sie bis heute einen Geschwindigkeitsrekord: die Schnellfahrlokomotive 18201. Umgebaut wurde die wohl spektakulärste Rekonstruktionslokomotive Anfang der 1960er Jahre in Meiningen, im damaligen Reichsbahnausbesserungswerk (RAW), inzwischen in Dampflokwerk Meiningen umbenannt. 1914 von der Königlich Preußischen Eisenbahndirektion Erfurt gegründet, standen zu Spitzenzeiten bis zu 30 Loks in der Montagehalle. 3000 Arbeiter waren im 2. Weltkrieg als „unabkömmlich“ beschäftigt. Nach Kriegsende hatten die Lokwerker alle Hände voll zu tun, die kriegsbeschädigten Schrottloks wieder für die Züge der Deutschen Reichsbahn flott zu machen. Immer noch schwärmen die alten RAWler vom Dampflok-Reko-Programm der 60er Jahre. Auch heute, im Zeitalter stromlinienförmiger ICE-Züge, begeistern die guten alten Dampfrösser immer mehr technikbegeisterte Eisenbahnfans. Aber Dampfloks sind hochsensible Technikriesen, müssen regelmäßig gewartet werden, brauchen Ersatzteile oder speziell bearbeitete Baugruppen. Dafür gibt es Europaweit nur noch wenige Adressen.
Der Film erzählt die Geschichte der 100-jährigen „Nostalgieschmiede“ im thüringischen Meiningen. Wie gelang es in der ausgehenden Dampflokära Ende der 1970er Jahre das RAW weiter mit Arbeit zu versorgen? Wie überstand das Werk die Wende, wo kommen Aufträge her? Wie gelingt es, altes Dampflokwissen in die Zukunft mitzunehmen? Autor und Kamera schauen Kesselschmieden und Radsatzdrehern bei der Arbeit zu, beobachten die Wartung einer Schnellzuglok der Baureihe 03 oder dampfen mit einer in Meiningen restaurierten Schmalspurbahn gemütlich durchs Waldviertel in Niederösterreich. Und zu den Dampfloktagen Anfang September, dem größten Dampflokeisenbahnereignis Thüringens, wird auch die 18201 erwartet.
Der gut 29 Minuten lange Film von Wolfram Klieme wurde aufwändig produziert und gehört zu den besten, rundesten "Eisenbahnfilmen", die ich seit langem im Fernsehen gesehen habe. Ohne Gefühlduselei, Hausbesuche bei Mitreisenden und die üblichen Belanglosigkeiten, um die Sendezeit zu füllen. Klieme hat sich in die Materie eingearbeitet und echtes Interesse an dem Dampflokomotivwerk, um in seinem Film anschaulich Wissen, Atmosphäre und harte Realität zu vermitteln. So etwas findet man selten.
Film "Nostalgieschmiede" im MDR. In besserer Qualität hier.
Einen Kommentar schreiben
Kommentar von Günter Schmalenbach |
In jeder Beziehung sehenswert !
Danke für die Aufzeichnung .
Gruß aus Thüringen
Günter Schmalenbach
Kommentar von Dieter Hanauer |
Hallo Herr Weidelich,
danke für den Tipp. Im Archiv der ARD kann man den Film in besserer Qualität ansehen. Hier der Link.
Antwort von Friedhelm Weidelich
Vielen Dank für den guten Tipp!