Macht Konsum glücklich?
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 11)
Die Sendung heißt: "Weihnachtsrummel: Wie viel Konsum können wir uns leisten?"
Besonders erhellend war die Aussage, warum das Anhäufen von Waren – jeder Deutsche besitzt im Schnitt etwa 10.000 Gegenstände – nicht glücklich macht. Zwar entsteht ein Glücksmoment, wenn gekauft wird oder die Spur-1-Lokomotive endlich geliefert wird.
Doch der neue Gegenstand erzeugt kein anhaltendes Glück, weil kaum jemand die Zeit hat, sich zum Beispiel mit der neuen Lokomotive eingehend zu beschäftigen. Denn sie ist eine von vielen, die man sich mit den Jahren zusammengekauft hat, und auch die alten Modelle "fordern" Aufmerksamkeit.
Man kann immer wieder kurze Glücksmomente generieren, indem man neue Modelle kauft. Die Spirale des kurzen Glücks bleibt dann in Gang und fordert neue Anschaffungen, für die dann noch weniger Zeit ist. Bis man kubikmeterweise Modelle in Kartons hortet, weil für sie kein Platz und erst recht keine Zeit vorhanden ist.
So hat der Kauf eines Modells nichts Nachhaltiges. Er belastet. Die Freude erlischt schon wenige Tage nach dem Auspacken. Jeder wir das Gefühl kennen. Außer vielleicht bei einem exklusiven Modell, für das man lange gespart hat und das wirklich perfekt und so schön ist, dass man es immer wieder gern anschaut.
Käufe am laufenden Band machen nicht glücklich – und leeren das Konto. Diese Erkenntnis setzt sich irgendwann durch. Was dann?
Viele meiner Bekannten verkaufen, bevor sie ein neues Modell erwerben, ein älteres Modell. Weil sie das Geld und den Platz brauchen. Und weil es ihnen nicht mehr wichtig ist und keine Freude mehr bringt.
Vielleicht erklärt das die spürbare Kaufzurückhaltung. Auch ein emotional betriebenes Hobby erfordert Vernunft.
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Kommentar von Michael Bettighofer |
Hallo zusammen,
dieser Betrag ist einfach wunderbar. Nicht der "nackte" Konsum bringt die Erfüllung, sondern der Genuss an der Modellbahn, eben eine Handvoll Lokomotiven oder selbstgebaute Modelle, zu diesen hat man doch eh noch einmal einen ganz anderen Bezug. Glück ist für mich die Zufriedenheit an meinem Hobby zu haben und nicht das konsumieren von Modellen, egal in welcher Spurweite.
...aber im Grunde habe wir doch schöne Probleme, wenn wir uns über Konsum unterhalten, oder nicht wissen wo wir unsere Geld sonst verbraten.
Mein jedenfalls
Michael
Kommentar von Burkhard C. |
Hallo Herr Weidelich,
wieder ein toller Beitrag.
Ich kann dies nur bestätigen und kenne das Gefühl. Unser/das Hobby soll uns u.a. Zufriedenheit geben und nicht in Zwänge ausarten. Wenn ich den einen oder anderen Hobby-Freund sehr verbissen erlebe, auch manche Diskussion in Foren, bringe ich die Aussage (Spruch): Es ist doch alles über wie eine Karre Mist. Soll heißen, lasst es uns doch entspannt angehen.
In diesem Sinne eine ruhige Vorweihnachtszeit.
Burkhard C.
Kommentar von Karl Rabenstein |
Herrlich beschrieben.
Ist es nicht ein gewisses Suchtverhalten? Als ich noch ein junger Draufgänger war, hatte ich eine Frau nach der anderen, aber es kam nie was besseres nach.
Heute im hohen Alter könnte ich sagen: "Wäre ich doch der einen treu geblieben"...
Ich war immer der Modellbahn treu. Ich hab keine Ehefrau mehr, dafür einen Speicher voller Schachteln mit Materie.
Manchmal freue ich mich darüber doch müsste ich alle Modelle aufzählen die ich habe, käme bestimmt eine unvollständige Liste zusammen.
L.G. Karl Rabenstein
Antwort von Friedhelm Weidelich
Danke an alle für die offenen, ehrlichen Worte.
Ich habe mal den Spruch aufgeschnappt: "Wer sammelt, hat Angst vor dem Leben."
Sammeln muss ab einem gewissen Grad ein Suchtverhalten sein, wie ein befreundeter Autosammler bestätigte. Das Stöbern auf Flohmärkten und das Einkaufen ganzer Kartons voll Automodellen für wenig Geld gibt ihm den Kick. Sein Keller ist voll, nun wird die Sammlung zur Belastung. Obwohl er mit seinem fotografischen Gedächtnis genau weiß, wo welches Modell ist.
Sehen wir es positiv: Wer sammelt, möchte Schönes bewahren. Oder sich ein Jugend-Gefühl wiederholen. Wohl dosiert, ist es ein Vergnügen. Übertrieben eine Sucht.
Bitte kommentieren Sie weiter.
Kommentar von spur1purfan |
Welch passender Artikel zum heutigen Tage...
Ich war heute auf Hausmesse bei km-1 in Lauingen. Eine rundum gelungene Veranstaltung mit viel Engagement der Verantwortlichen. Ich kam vor einer Stunde nach Hause und packte meine Pein-01 aus dem Karton, auf die ich lange und entbehrungsreich gespart hatte und auch nach 5 Jahren "gemeinsamen Lebens" mir immer noch riesig viel Freude bereitet. Seinerzeit machte ich mir selbst die "Auflage", nur ab und an Modelle zu kaufen, zu denen ich einen Vorbild-Bezug habe. Ich stellte wieder fest, dass Herr Pein und nun Matthias Martin Modelle bauen, die einfach einzigartig sind und nachhaltige Freude bereiten. So saß ich glücklich in meinem Arbeitszimmer - ohne heute einen Euro ins Hobby investiert zu haben. Nachhaltige Freude und Zufriedenheit also.
Dann las ich die Neuigkeiten in spur1info. Diesen Artikel kann ich nur bestätigen. Weniger (und dafür ganz was besonderes) ist häufig deutlich mehr! Sie haben mir aus der Seele gesprochen!
Kommentar von Matthias Mende |
Guten Abend Herr Weidelich
Ein sehr schönes Thema. Die Kommentare stehen dem klugen Bericht in keiner Weise nach.
Speziell die Beschäftigung mit der Modellbahn hat auch etwas mit Sehnsucht zu tun, mit heiler Welt und Nostalgie. Am liebsten würde man in der Zeit zurückreisen wollen. Doch wenn man sich beispielsweise ein Lokomotivmodell kauft, um damit irgendwie diesen Zeitreiseeffekt herbeizuführen, merkt man sehr schnell, dass es auf diese Art und Weise nicht funktioniert. Der Selbstbau oder das hingebungsvolle Supern und die damit verbundene, erforderliche Recherche erzeugen da schon mehr dieses Gefühl sich in einer anderen, vermeintlich besseren Zeit zu befinden. Man taucht dann beim Wälzen von Büchern, Betrachten von Bildern, Lesen von alten Geschichten und dem "Studieren" der alten Technik irgendwie in diese vergangene Epoche ein. Wenn man dann das Modell fertiggestellt hat, so hat man ein wenig das Gefühl etwas aus der guten alten Zeit in das Heute persönlich herübergerettet zu haben. Dadurch hat man einen völlig anderen Bezug zum Modell, als bei einem gekauften, das man aus der Schachtel nimmt und auf die Gleise oder in die Vitrine stellt. Der reine Konsum füllt nicht die Leere in unseren Herzen. Er erzeugt höchstens noch eine zusätzliche Leere im Geldbeutel, wobei auch in letzter Zeit eine gewisse Leere in den Köpfen einiger Modellbahnkonsumenten zu herrschen scheint. Man braucht sich diesbezüglich nur einmal die oftmals extrem geistlosen und teilweise von Unwissenheit, Missgunst oder Belanglosigkeit, sowie von primitiver Boshaftigkeit geprägten Kommentare in den diversen Modellbahnforen anzuschauen, wenn es um das Thema Modellbahnfahrzeug-Neuerscheinungen geht. Da toben richtige(Konsum-)Schlachten
Vielleicht erscheint ja bald auch auf den Modellbahnverpackungen ein Hinweis zu Risiken und Nebenwirkungen.
Schöne Grüße
Matthias Mende
Kommentar von Jörn |
Hallo,
wer viel dick konsumiert, wird vielleicht nicht glücklich, erhöht aber seinen sozialen Status, was wenigstens bei den Spur 1-Stammtischen etc. glücklich macht.
Ist doch aus was.
Gruß, Jörn
Kommentar von Stefan |
Hallo,
Es gibt die eine oder andere wissenschaftliche Untersuchung zu der Frage, was "Glück" eigentlich bedeutet und wie man es erreichen kann. Leider weiss ich die Quelle nicht mehr, nur die Quintessenz: Konsum-Glück hält maximal ein Vierteljahr vor, selbst wenn es sich um einen dicken Lottogewinn, ein neues Haus, oder sonst etwas Großes handelt, was das Zeug hat, das Leben zu verändern. Kleinere Anschaffungen halten weniger lang vor.
Was wirklich lange vorhält, ist eine positive Lebenseinstellung. Das Glück kommt zu denen, die die Augen nicht davor verschliessen. Das ist zum Teil genetisch bedingt - es gibt einfach fröhliche Menschen - es ist aber vor allem eine Sache der Lebenseinstellung, und für die ist jeder selber verantwortlich.
Zynisch gesprochen sind wohlhabende Griesgrame der Traum für Modellbahnhersteller, weil die sich "ihr Glück monatsweise kaufen." Naja, bisschen gemein... erfreulich für alle: Man kann mit einer positiven Grundeinstellung viel Spass am Hobby haben, ganz egal, wie viel man an Geld investiert.
Kommentar von jens klose |
Hallo Friedhelm,
ja, ich weiß wie das ist, alles haben zu müssen. Ich habe eine ganze zeit lang fast alle spurweiten gesammelt und war letztendlich nie zufrieden. Ich sag es mal einfach, es hat mich nur noch genervt, aber die sucht.... . Eines nachts beschloss ich, alles rauszuschmeisen, egal ob mit verlust oder nicht. Das spur 1 hobby habe ich behalten, aber mich dort auch eingeschränkt, so das ich vieles selbst bauen muss. Das macht mir spass und stellt einen ausgleich zum beruf dar.
Glück wiederum bedeutet für mich, jeden tag zeit mit meiner familie zu haben, einen arbeitsweg von einem km und freie zeiteinteilung. Ich habe mein handy vor drei jahren noch abgeschafft. Es lebt sich dadurch viel entspannter. Sich seinen eigenen inneren ruhepohl geschaffen zu haben, das macht stolz und glücklich. Unser Hobby ist schön, aber nicht lebensnotwentig und wenn man das erst mal für sich verarbeitet hat, dann wird alles gut.
Beste grüße
Jens klose
Kommentar von Lothar |
Das Wort Konsum hat heute so ein merkwürdigen Beigeschmack , man sieht in den Medien immer Leute die in den grossen Shopping Center grad in der Vorweihnachtszeit dem Konsum hinterher laufen.
Sonntagsöffnung und die vielen Angebote kommen noch dazu.
Konsum ist so ein Begriff der heute für sovieles herhalten muss und hat natürlich nichts mit Glück zu tuen.
Zur Modellbahn , ich lese heute so oft in den Foren, wie schlimm doch dass viele Sammeln von Modellen ist und jeder schreibt ich brauche diese Vielfalt garnicht. Aber wer kauft dann die Modelle , richtig immer weniger . Aber dies liegt nicht unbedingt daran dass der Modellbahner dies nicht möchte, viele können es sich garnicht mehr leisten.
Den für viele ist es einfach zu teuer geworden und dies sollte auch einmal in den Fokus gerückt werden.
Gruss
Lothar
P.s. Es gab noch nie soviel Vielfalt bei der Modellbahn wie heute , bei immer weniger Modellbahner.
Kommentar von Michael Bettighofer |
Hallo zusammen,
ich möchte noch etwas zu Thema Glück oder Glückseeligkeit ergänzen.Ich persönlich bin bis jetzt in der Spur H0 und 0 unterwegs. Ich habe mir in H0 ein klares Ziel gesetzt....bauen nach Vorbild. Bei dem Auswerten und Sichten von Vorbildinformationen sowie Photos und Plänen erlebe ich oft ein Gefühl von Glück und das meistens ohne zu konsumieren. Ich baue in der Epoche 1 und 2 dazu kommt, dass oftmals nur Strukturen noch erhalten sind, von dem was einmal was,dass ist der Reiz an der Sache. In 0 hatte ich das Glück, ein paar schöne Modelle zubekommen, die auch zu meinem Anlagenthema passen.
In 1 freue ich mich auf die Neuauflage von Km1 was die Br 50 betrifft.....und Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.
Ich bin in der Hinsicht zufrieden, dass ich mich egal in welcher Spurweite auf ein Thema konzentriere und nur gezielt kaufe,gerade in den großen Spuren habe ich nicht das "haben will" Syndrom und erfreue mich umsomehr wenn den ein Modell zu meiner Sammlung passt. Nackter Konsum...kaufen und aufs Gleis stellen liegt und lag mir immer fern, dass bezieht sich nicht nur auf die Moba..muss man wirklich alles haben!? Das neuste Auto...das neuste Handy...oder den neusten Fernseher??? Oftmals entsteht für mich der Eindruck,dass man hier einem Gesellschaftszwang unterliegt und man am Ende nicht mehr der ist, der man(n) ist. Ich denke ein Mensch der Glücklich ist,braucht keinen Gruppenzwang, sondern weiß was für ihn das Beste ist. Glück kann viele Seiten haben, jeder muss für sich herausfinden was es für ihn bedeutet...Glück dem, der diesen Weg für sich gefunden hat und das in vielen Lebensbereichen.
In diesem Sinne ein besinnliche Zeit und Freude am Hobby und abhänig von der Spurweite!
MFG
Michael
Kommentar von HJ Mueller |
Hallo Friedhelm,
Sehr treffendes Thema, das sich aber nicht nur auf Modellbahnen bezieht, nein, das ist durch's Band weg auf der ganzen Linie so.
Wenn man immer unbedingt die Nase ganz vorne haben muss, kann das richtig ins Geld gehen. Nicht nur das, im englischen Sprachbereich redet man dann von der "bleeding edge", im Gegensatz zur "leading edge". Mit der Nase ganz vorne kann man öfters auch auf sie fallen.
Ganz weit im Westen von Canada
HJ
PS: Wir haben uns nach 24 Jahren doch noch einen neuen Fernseher geleistet. :D :D