Lauscha - ein Diorama von PAJ
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 0)
Vor der Stellwerk befinden sich zwei Weichen: die eine für die Verzweigung vom Bahnsteiggleis zum Gleis im Vordergrund. Die zweite Weiche dient von links aus dem zweiten Gleis als Schutzweiche und ist lang genug, um eine Lok abzustellen. Unten gibt eine Galerie den Blick auf das Gleis frei, das aus der unteren Ebene nach rechts bis zum Anlagenende führt.
Hier rollt gerade die Reichsbahn-50er auf das Stumpfgleis. Hinten fährt sehr langsam eine E 44 unter der sehr filigranen Oberleitung.
Die Oberleitung besteht aus feinsten, echt abgespannten Fahrleitungen. Bei den Feinarbeiten half die Frau des Erbauers – sie ist Goldschmiedin und beherrscht das präsize Handwerk.
An diesem Gittermast mit den Betongewichten für die Verspannung der Fahrleitung wird bis ins Detail deutlich, was zu einer Oberleitung gehört. Das wird fast schon nachvollziehbar, dass kaum jemand Lust hat, Oberleitungen zu bauen. Doch Elektroloks, für die nicht einmal Oberleitungsmasten aufgestellt wurden, wirken nicht gerade überzeugend auf einer Anlage. So überzeugend wie eine Eisenbahn ohne Gleise...
Die feine Patinierung der Lokomotiven ist für so ein realistisch gestaltetes Diorama eine Notwendigkeit, um nicht spielzeughaft zu wirken. Schauen Sie sich einmal an, mit wie viel Beobachtungsgabe und Aufwand eine Modelllandschaft geschaffen wurde: vom angerosteten Geländer verlaufen Rostspuren nach unten, Grasbüschel haben sich in Nischen breitgemacht, an den Mauern rankt Blattwerk. Die unteren Zweige der Lärche hinten sind ausgetrocknet und bräunlich. Kalkausblühungen auf dem Gestein und blühende Pflanzen neben Erde und Steinen ergänzen die Szene.
Hier wird die dichte Atmosphäre in einem Bild deutlich. Unten fährt ziemlich unspektakulär eine 91er mit O-Wagen hin und her und passiert den unbeschrankten Bahnübergang, über den eine schmale Straße in einen Tunnel unter der Hauptstrecke führt (bei den Fotos von PAJ zu erkennen). Dort ist eine Weiche versteckt, so dass zwei Pendelzüge Platz im Schattenbahnhof haben. Die von einer ECoS von ESU gesteuerten Kurzzüge und Lokomotiven pendeln im Automatikbetrieb über die 4,2 m langen Strecken und können rechts am Ende des Hauptgleises aus der Transportkiste auf das Diorama gefahren werden.
Gut sichtbar sind die Spuren der Betonverschalung der Galerie, die etwa in den 20er Jahren entstanden sein könnte. Die üppige Vegetation mitsamt dem Unkraut trägt neben der Oberleitung und den gedämpften Farben zum überzeugenden Erscheinungsbild bei. Hinten links ist noch das Ende des Bahnsteigs zu erkennen, der beim Betrachter trotz geringer Ausdehnung sagen soll: Hier fängt der Bahnhof an.
Bei diesem Blickwinkel ist der ganze Bahnsteig zu sehen. Hinten griffen die PAJ-Leute zu bekannten Tricks, die bei der Planung eines Dioramas oder einer kleinen Anlage viel zu oft vergessen werden: Die Straßenbrücke schließt das Blickfeld ab, der Spiegel an der Stirnseite verlängert optisch die Szene.
Erst auf den zweiten oder dritten Blick wird langsam erkennbar, dass hier der Spiegeltrick benutzt wurde. Die rostige Brücke wirkt überzeugend, nur die sehr dichte Aufhängung des Fahrdrahts und die fehlenden Schutzgitter trüben den Eindruck ein wenig. Ein 15 kV-Leitung würde man kaum so gefährlich nah an die Fussgänger einer Stahlbrücke lassen.
Noch einmal ein Blick auf die Vegetation, die Abwechslung in die kompakte Szenerie bringt. Selbst ohne Eisenbahnfahrzeuge ist der Betrachter gut beschäftigt, die vielen Details auf der 420 cm x 45 cm großen Anlage zu entdecken.
Wie viele Dioramen- und Anlagenbauer setzt auch PAJ auf den Guckkasteneffekt. Der stört zwar beim Fotografieren, weil der Hintergrund für Froschperspektiven nicht hoch genug ist. Doch wenn man groß genug ist (das Diorama war eher für Menschen über 180 cm aufgestellt), blickt man unter dem oberen Sichtschutz, hinter dem sich Leuchtstoffröhren befinden, genau auf die Szene und kann sie sich Meter für Meter erschließen.
Die gleichmäßige Beleuchtung ist zwingend notwendig, damit das Diorama unabhängig vom Licht im Ausstellungsraum richtig in Szene gesetzt wird.
Eine wahre Bemerkung von PAJ-Mann Patrick Dalemans möchte ich nicht unterschlagen: "Die Deutschen fahren am liebsten und machen wenig Modellbau. Aber es wird langsam besser mit den Modellbau."
Dass unsere belgischen Nachbarn ausgezeichnete Modellbauer sind, haben sie auch diesmal bewiesen. Und erst mit so einer Kulisse erwachen die Spur-1-Modelle zum Leben.
Das Mauerwerk, gegossen und bemalt, war übrigens schon auf der Intermodellbau zu sehen. Gewollt unpräzise Pinselstriche in vielen Farbtönen ergeben die vielen Nuancen der Steine. Weitere Farbschichten in stark verdünntenGrau- und Schwarztönen geben der hier noch etwas bunt wirkenden Mauer das richtige Gesicht.
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