Fremo:32 – Betrieb nach Fahrplan

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 2)

Betrieb auf Spur-1-Modulen nach Fremo-Norm, Foto: Friedhelm Weidelich

Ist es stressig, mit einer in dreifacher Geschwindigkeit laufenden Uhr nach Fahrplan Spur-1-Züge zu fahren? Nein, sagen die Fremo:32-Mitglieder, die sich jedes Jahr ein paar Tage zum Betrieb machen treffen und jede Menge Spaß dabei haben. In Warendorf konnte ich mich davon überzeugen.

Wer Spur-1-Modelle besitzt, muss kein Modellbahner im klassischen Sinn sein. Manche erfreuen sich an den fahrfähigen Modellen in der Vitrine oder auf dem Schreibtisch, andere fahren nach Lust und Laune durch ein kleines oder großes Oval oder begnügen sich aus Platzmangel mit einem größeren Diorama. Und dann gibt es noch die Modulbauer, die aus der Platznot eine Tugend machen und sich zum Fahren mit langen Zügen treffen.

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Es sind eher kurze Züge, die bei den Modell- und Modulbauern der Spur-1-Abteilung des Freundeskreises europäischer Modellbahner (Fremo:32) buchstäblich eine Rolle spielen. Denn auf den qualitativ teilweise auf die Spitze getriebenen Modulen wird ein fahrplanmäßiger Betrieb abgewickelt, der sich eng am Vorbild orientiert: "Zugmeldung: Wird P 1985 angenommen? 1985 voraussichtlich ab 12". Diese Fahrdienstleiterformeln sollte man am Telefon auswendig können – auch wenn es dann im Dialog zwischen den Fdl an den einzelnen Bahnhöfen legerer zugeht.

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Buchfahrplan, Wagenkarten und Frachtzettel, an den Modulen einsteckbare Fahrregler und ein paar Utensilien mehr gehören zum Handwerkszeug des Modell-Eisenbahners, der oft mit abgedrehten Spurkränzen auf Finescale-Gleisen von Hosenträger und bis ins Detail originalgetreuen Weichen fährt. Hier geht das System Eisenbahn 32 Mal verkleinert eine Symbiose zwischen hochklassigem Modellbau, edlen oder veredelten Fahrzeugmodellen und den Betriebsbedingungen einer vergangenen Bundesbahnzeit ein, nachempfunden von ziemlich entspannten Modellbahnern und Modellbauern.

Gefahren wird, so gut es irgendwie geht, nach einem Zeitraum von wenigen Jahren in der Epoche III. Auch wenn das bei den Beschriftungen und Lampen der Lokomotiven nicht immer streng eingehalten werden kann, kommt doch der entsprechende Wagenpark zum Einsatz. Um die Sache spannender zu machen, können Fahrpläne in folgenden Runden auf spätere Jahre verlegt oder neu erstellt werden. Dann fahren passende Züge. Wenn man will, lässt sich so der Traktionswandel simulieren – auch wenn niemand die schon zu DB-Zeiten mehrfach geänderten Bahnhofsschilder austauschen wird.

Eisenbahngeschichte wird auf diese Weise buchstäblich erfahrbar und das Wirrwar anderer Modultreffen von vornherein vermieden. Durch den Nebenbahnbetrieb sind die Züge kurz und so authentisch wie möglich. Der Fahrplan lässt alle Teilnehmer zum Zug kommen, und weil keine langen Züge Platz beanspruchen, reichen die zwangläufig verkürzten Bahnhöfe für den Fahrbetrieb aus. Die Reduktion – ohnehin ein Dauerthema bei Spur 1 - wird durch die meist sehr hohe Qualität der durchfahrenen Landschaft ausgeglichen. Bimmelbahnen hatten nun mal keine 12-gleisigen Hauptbahnhöfe und 120 km/h schnelle Züge. Die Entschleunigung macht das Fahren und "Spielen" trotz eines Fahrplans zum spannenden und zugleich entspannenden Vergnügen.

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Die Module können bereits im Rohzustand verwendet werden, sobald sie verkabelt sind. Das hat einen rohen Charme, belegt aber, wie durchdacht sie sind und wohin der Modellbauer will. Hier bemüht sich übrigens ein Münchner Modellbahnhändler, mit seiner 64er und den bayerischen Lokalbahnwagen den Fahrplan einzuhalten.

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Die Anlage in Warendorf: links der Abstellbahnhof Stendal Ost für fast alle Züge, dahinter ein Bahnhof. Rechts hinten liegen unfertige Module mit bis zu 6 m Radius, auf denen die Züge gerade richtig wirken für eine Nebenbahn. Im inneren Zweig ein kleiner Bahnhof mit vier Weichen, der an der Strecke nach Arneburg liegt. Über ein Y-Modul wird über die Brücke ein Anschlussgleis bedient. Ganz hinten rechts, außerhalb des Bildes, liegt ein größerer Bahnhof mit umfangreichem Güterverkehr, von dem aus die Strecke in einen weiteren Zugspeicher mündet.

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Neben tabellarischen Fahrplänen gibt es einen Bildfahrplan mit allen Zügen. Zugkreuzungen sind hier klar ersichtlich. Der Fahrspaß und eine gewisse Spannung entsteht beim Nachspielen einer fiktiven Wirklichkeit, die auf die Modelllandschaft zugeschnitten wurde. Hier sind die Züge auf die erlaubten Längen der Bahnhöfe angepasst, auf engem Raum Rangiermanöver mit einzelnen Güterwagen notwendig und auch für den Zuschauer (der bevorzugt rote Windjacken trägt und immer im Bild steht) bis ins Detail nachvollziehbar.

Je nach Temperament wird hier Betrieb ernst oder mit einer gewissen Lässigkeit durchgezogen, mit der Kuppelpinzette in der Hand, aber vorschriftswidrig immer ohne Hemmschuhe.

Was auffällt: Lokführer und Heizer sind selten im Führerstand zu sehen. Ich glaube: Unsichtbar für den Beobachter fahren die Triebfahrzeugführer im Geiste auf ihren Lokomotiven mit.

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Mehr Bilder vom großen Fahrspaß ohne Materialschlacht folgen hier in den nächsten Tagen.

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Kommentar von Jens K. |

Hallo,
ein schöner Bericht, der Lust auf mehr macht, ich hoffe ich werde mir ein Fremo32-Treffen mal selbst anschauen können.
Als Anhänger der Epoche V wird es aber wohl schwer werden zu Zuge zu kommen, oder?

Kommentar von Ralf |

Hallo Jens,
als Gast ist jeder willkommen, am besten vorher mit jemandem Kontakt aufnehmen. Ep. V fahren wir allerdings nicht. Aber du kommst zum Zuge, weil jeder Gast gerne als Zugführer gesehen wird, zuerst bekommst du einen erfahrenen an deine Seite gestellt, damit der Vorbildgerechte Betrieb auch klappt. Es ist einfach ein tolles Gefühl nach Fahrplan zu fahren und dabei die Uhr im Auge zu behalten. InWAF war schon ein recht großes Arangement zu sehen. Hat großen Spaß gemacht, Dank an alle.
Ralf