Ein paar Gedanken zum Spur-1-Angebot

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 6)

tl_files/bilder/Schmalspur/_7057709.jpgWenn ich vor den Gewitterwolken den letzten Dampfzug des Tages bei der 50 Jahre alten Museumsbahn in Bruchhausen-Vilsen fotografiere und an die Spur 1 denke, komme ich ins Grübeln. Wie kann man so ein Motiv nur ignorieren?

Die Spur-1-Unternehmen können es. Und behaupten seit Jahren, dass "sowas" nicht verkäuflich wäre. Das Hübner-Schmalspurzeug wird derweil zu Fantasiepreisen gehandelt.

Wer sich ein wenig mit den Eisenbahnen der Welt auskennt, seit 40, 50 Jahren Eisenbahnzeitschriften liest und in Fotos und Büchern das viele unnötige Wissen gesammelt hat, das zu jedem Hobby gehört, der fragt sich bei so einem Motiv: Warum gibt es sowas in fast allen Baugrößen, doch nicht in 1:32?

tl_files/bilder/Schmalspur/_7057717.jpgAm anderen Ende der ersten deutschen Museumsbahn ein neues Bild: Ein herrlich nostalgischer, einfacher Lokschuppen mit Wasserkran an der Wand und der "Maus", dem T41 mit hochgeklappter Motorhaube zur Besichtigung, daneben der einfahrende Zug mit einem Wagen, der früher zwischen Mosbach und Mudau in Baden fuhr. Ein kleiner Bahnhof mit vier Weichen, so nostalgisch wie vor 60 Jahren und doch Epoche VI, die Realität im Jahr 2014.

tl_files/bilder/Schmalspur/_7057738.jpgDer Regen hat aufgehört, die dreiachsige Meterspurlok Hoya hat noch zwei Güterwagen an den Zug rangiert, und schon ist der Zug wieder in Bewegung. Und so etwas Anrührendes will keiner?

Wenn ich den neuen Eisenbahn-Kurier aufschlage, springt mir auf zwei Seiten ein Foto entgegen, das am 20. Juni in Klütz aufgenommen wurde, wo "de Lütt Kaffeebrenner" auf 600 mm seinen Betrieb aufgenommen hat. Mit Dampfloks und putzigen grünen Personenwagen. Nostalgie der Epochen II bis III, Museums- und Touristikbahn und zugleich Epoche VI. Kaufen kann man solche Modelle im Spur-1-Maßstab nicht. Eine Tragödie.

Man muss nur weiterblättern, um die ach so langweilige Vielfalt des heutigen Bahnbetriebs zu erkennen. Der Velaro D (Mehrsystem-ICE Baureihe 407) braust vorbei, das U-Boot der Baureihe 219 in DB-Livree, eine altrote 218, die hübsch-hässliche Mehrsystemlok 245 von Bombardier, die modernen Rangierloks der Baureihe 265, der Vectron, die Altbau-Elloks 110 und 142 in neuer Lackierung, die Ost-V60, der blaue Railjet der CD, die 139 im Planbetrieb, die Gasturbinenlok 219, die Chiemseebahn, Brigadeloks.

Wenn man die Angebote von Firmen sieht, deren Modelle überwiegend schwarz-rot lackiert sind, frage ich mich doch, ob Schmalspur das Denken bestimmt. Schmalspurdenken in der Vorbildauswahl, Unwissen über die moderne Eisenbahn, Denken in den Grenzen von 1938?

Da wird in Form von 1:32-Modellen eine Zeit zelebriert, die immer weniger Kunden – am wenigsten etliche Unternehmer selbst – je im Regelbetrieb erlebt haben. Das wieder etwas spärlicher gewordene Publikum in Sinsheim ist noch älter geworden und schlurft müde durch die ungemütlich heißen Hallen. Ob es zu ihren 70 Einheitsloks noch zwei weitere hinzufügen will? Damit die Erben sie in fünf Jahren billig verscherbeln können?

Klasse statt Masse ist die Devise und nicht das Stapeln von Kisten. Das gebietet schon die wirtschaftliche Vernunft.

Man muss nur im Eisenbahn-Kurier blättern, um die weite Welt der Eisenbahn zu erfassen: Bunt, mit uralten und hochmodernen Fahrzeugen, vielfältig und vor allem international. In 1:1 und 1:87.

Spur 1 dagegen ist Einfalt, das hat auch das Spur-1-Treffen in Sinsheim wieder gezeigt. Einfallslos, langweilig, rückwärtsgerichtet und wenig innovativ (Ausnahmen bestätigen die Regel). Wie sollen sich da in einem schrumpfenden Markt neue Kaufanreize entwickeln? Zielgruppe 60+. Aber wie lange noch?

Gäbe es die platzsparenden, wunderbar nostalgischen und doch immer noch hochaktuellen Schmalspurbahnen in 1:32 zu kaufen – ich würde alle Normalspurmodelle verkaufen, weil sie viel zu groß sind für eine normale Wohnung. Und würde zwei, drei Güterwagen für den Rollbockbetrieb behalten, um bei wenig Platzbedarf wirklich Betrieb zu machen. Epoche III – und gleichzeitig 2014.

Der Maßstab 1:32 ist wunderbar. Das Modellangebot ist es nicht.

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Kommentar von Peter Hornschu |

Hallo,

da könnte man ja meinen Sie waren in einem anderen Sinsheim wenn man Ihre Zeilen liest.
Ich bin noch einige Jahre von 60 weg, quasi 10, und kenne viele Spur1 Fans die noch jünger sind wie ich.
Die Wahl der Hersteller ist doch gut an die Wahl der Kunden angepasst, Schmalspur ist nicht in dem Umfang gefragt das ein Unternehmen Wirtschaftlich viele dieser Fahrzeuge produzieren könnte. Wenn es dann kleinere Serien sind stöhnt jeder über den Preis.
Alles kann nicht erreicht werden, so werden immer wieder einige Modellbahner ihr Wunschmodell nicht bekommen. Neben Hübner gibt es doch noch ein paar andere Hersteller die auch das ein oder andere Schmalspurfahrzeug gefertigt haben. Sofort fällt mir Dingler und KM1 ein, da ich Schmalspurbahnen im Modell langweilig finde, mit ihren kleinen langsamen Lokomotiven, kenne ich bei weitem nicht die ganze Modellvielfalt in dieser Spurweite. Aber es wird sicher noch mehr geben.
Meinen Sie das Sie Schmalspur Loks mit einer Losgröße 100 oder größer vermarkten könnten.
Bunt gibt es auch in der Regelspur sogar in Ep. 3 & 4. Alleine die Privatbahn Fahrzeuge die sich aus Serien Modellen gut bauen lassen ergeben eine stattliche Anzahl, wenn man es zwingend anders als rot / schwarz haben möchte. Und auch damit geht der Betrieb von damals bis heute.
Und wenn es dann wirklich zu wenig Platz für den Maßstab 1:32 ist gibt es ja noch die Möglichkeit sich einer Gemeinschaft anzuschließen.

Grüße Peter Hornschu

Kommentar von Peter Prinz |

Guten Tag aus dem verregneten 90cm Bahnhof in Kühlungsborn.
Ob man da so die "neuen" Kunden gewinnen kann?
Ich bin zwar auch nur durch die Tssd von KM 1 auf 1:32 gestoßen und habe aber trotzdem Bedenken.
Sucht man auf Ihrer Site nach diesen Themen, ist es doch auch schon schlecht vertreten.
Die aktuellen Neuheiten von Feld schaffen es nicht in den bekannten Foren stolz präsentiert (Hersteller und Kunde!) zu werden.
Sind es nur die Handvoll Kunden oder ist die Zielgruppe so überaltert, dass sie sich nicht über die "modernen" Medien austauscht?
Auf der anderen Seite bin ich aber optimistisch und denke, das man Zeit braucht. Die ersten Fahrzeuge müssen erst mal in der Nachhübnerzeit auf den Markt kommen und publiziert werden. Da sollte sich diese Site aber auch beteiligen ;-) .

Peter Prinz

Kommentar von horst göhr |

Hallo miteinander

Für die Schmalspur schlägt mein Herz schon sehr lange. Angefangen mit der Hübner IV k und den Rollwagen, folgten noch so einige Loks und Wagen nach.
Die Regelspur war "Nebenbahn " und die Schmalspurbahn die "Hauptbahn"
Ein guter Gleisplan, alles gut und harmonisch durchgestalten, schon ist, sogar bei geringerem Platzbedarf, die Modellbahnwelt O.K.

Wie das aussieht?

Hier können Sie es sehen.

H. Göhr

Kommentar von Heinz G. Terschl (A) |

Immer diese schmale Spur!

Wo bleiben die Ganzzüge in 1:32?

Ich möchte alle historischen Schnellzüge wie diese in der "Belle-Epoche" durch Europa fuhren mit deren Wagen und Lokomotiven als "Gemälde" bei mir im Haus.

Anlage brauche ich nicht, ich will sie aber aus feinem Material gebaut und hoch detailiert einfach zum Anschauen.

Das Gedöns von wegen Schmalspur kann ich nicht mehr lesen.

Nein ich bin noch lange keine 60, ich lese auch keine "Fachmagazine".
Papier zu beschmutzen nur um Informationen zu verteilen ist von Gestern. Ich fahre auch nie mit Eisenbahnen. Mobilität ist mit Autos und Flugzeugen viel besser zu bewältigen.

Ich möchte einfach nur schöne Modelle zum Träumen. Träume auf schmaler Spur? Neee gibts nicht!

Da denke ich sofort an Gänsewagen, Gemüsetransport und verschwitzte Reisende.

Schönen Tag noch, H.G. Terschl

Antwort von Friedhelm Weidelich

Super Idee, wenn man ein 10 m langes Wohnzimmer hat! So hat halt jeder seine Vorstellungen. Und Ganzzüge gibt es nur bei der Güterbahn.

Ich denke bei Flugzeugen eher an enge, verkleckerte Sitze und verschwitzte Reisende. Zwinkernd

PS: Der Glacier-Express ist schmalspurig.

Kommentar von Heinrich Hütz |

Hallo miteinander

Es ist auffällig, dass alle Beiträge, bei denen mal kein Produkt vorgestellt wird, stets die meisten Kommentare "ernten".

Davon abgesehen:

Das Hobby "Eisenbahn" ist zu vielfältig, als dass wir es mit einem Maßstab, einer Spurweite, einer Epoche und einem mittleren Lebensalter des Modelleisenbahners beschreiben könnten.

Und das ist auch gut so.

Das Hobby Modellbahn ist für mich dadurch anziehend, weil der Grad an Reglementierung, wie wir ihn aus anderen Lebensbereichen leider kennen, hier nicht gilt: Wenn wir Regeln einhalten, dann nur weil es uns gefällt. Das ist noch besser!

Dennoch:

Wünsche nach Modellen werden bleiben.
Hersteller werden sich weiterhin merkwürdig verhalten.
Die Anzahl der Modellbahner sinkt.
Das Durchschnittsalter der Modellbahner dagegen steigt.

Das sind die Fakten. Sie lassen sich m.E. nur marginal ändern.

Sie werden sich fragen: Regt diesen Hütz überhaubt noch etwas auf?

Meine Antwort :
Wenn beim Modellbau etwas nicht gelingt und die Erderwärmung.

Schöne Grüße
Heinrich Hütz

Antwort von Friedhelm Weidelich

Lieber Herr Hütz,

vielen Dank für Ihre originellen Bemerkungen und den Aufruf zu Gelassenheit.

Ich wundere mich immer wieder über die Aggressivität gegenüber Meinungen und Vorstellungen, die nicht dem Mainstream entsprechen. Modellbahn ist ein Emotionen weckendes Hobby, aber eigentlich kein Kriegsschauplatz, wo Schlepptenderloks der Reichsbahn gegen Thomas, the Tank Engine kämpfen und die kleine "Hoya" des DEV zur Lok für Loser wird, die herablassend aus der Perspektive des Orient-Express betrachtet wird, weil die Kenntnisse des Systems Eisenbahn doch eher rudimentär sind. Da wird eine Haltung sichtbar, die eigentlich nicht zu kultivierten Menschen passt, und die von den Kommentierungsmöglichkeiten im Internet provoziert wird.

Die Eisenbahn ist vielfältig und ein unglaublich weites Betätigungsfeld. Ich bin froh über jeden, der das irgendwie mitbekommen hat. Wer über den Tellerrand schaut, hat mehr vom Hobby.

Kommentar von Hans-Jürgen Schimmeck |

Guten Tag Herr Weidelich,
Es rief mich ein Mit-Eisenbahn-Freund an und fragte, ob ich schon von der Eröffnung des Lütt Kaffeebrenner-Bahn in Klütz auf 600-mm-Spur gehört hätte. Hatte ich noch nicht. Vor 20 Jahren hatte ich mal das Bahngelände besichtigt und auch den Bahnhof in Zarrentin. Das war ein echtes Eisenbahn-Gefühls-Erlebnis, damals, als der Vorhang hoch ging. Damals mußte man noch Westmark in Ostmark umtauschen und bekam einen Stempel in den Perso. Das ist jetzt schon wieder über 20 Jahre her.

Also, wir - auf nach Klütz. Es ist nicht weit von Hamburg. Und wenn man statt Autobahn - durch die Felder, durch die Auen - fährt, braucht man sich auch nicht über gut geplante Bauarbeiten zur Ferienzeit zu ärgern. Klütz - wie sich in der Zeit diese Städtchen verändert haben. Donnerwetter, da sieht man, dass unsere Solizahlungen nicht veruntreut wurden. Am Bahnhot wartete schon das Züglein. Alles sehr neu, alles sauber, aufgeräumt und frisch gestrichen. Der Zug, gezogen von einem 2-achsigen DIEMA-Dieselchen, bestand aus 3 Drehgestellwagen. Der Mittelwagen, an den Seiten offen mit Querbänken, die Wagen am Anfang und Ende geschlossen. Wir entschieden uns für die letzten Wagen. Wir öffneten die beiden Türen, um nicht allzuviel Neulackgeruch genießen zu müssen.

Der Streckenverlauf - idyllisch. Vorbei an alten Kopfweiden, friedlich grasenden Kühendie sich im Schatten der alten Bäume aufhielten. Die weite Blick und der frische Wind von der nahen Ostsee ließ uns "runterkommen". Wir stellten uns auf den hinteren Perron und genossen das sanfte Schaukeln und das Klacken der Räder auf den chinesischen Schienen. Der Aufenthalt auf den Plattformen ist natürlich verboten, denn - na wo sind wir denn - richtig - in Deutschland. Die kleine Reise war ein Genuss für uns alten Knaben, die schon übers Verfalldatum rüber sind. Nach der Rückkehr haben wir uns noch die alte Drehscheibe angesehen.

Wir wünschen dem Bähnlein alles Gute. Es fehlt noch einiges - aber das wird noch kommen. Schließlich möchten die für solche Unternehmen verständnisfreien deutschen Behörden ja auch mitnörgeln können. Wofür ich kein Verständnis aufbringen kann, ist, dass man Sa/So keinen Betrieb machen möchte. Da bringt man sich aber um wichtige Einnahmen. Das ist wohl noch ein Überbleibsel von DDR-Denkweise. Ich erinnere mich, dass Pensionsbesitzer und Geschäftsinhaber in Warnemünde zur Sommerzeit woanders Urlaub machen wollten. Wollte nicht abschweifen. Und mit Historie hat das Bähnlein kaum etwas zu tun. Es ist ein Mix aus Neu und Alt. Aber das Kleinbahnfeeling aus vergangenen Tagen kommt doch rüber.

Nun zur Modellbahn-Schmalspur in 0 und 1. Hat die deutsche Modellbahnindustrie nicht richtig gecheckt. Das ist in USA anders. Die haben erkannt, dass sich dafür die "Rentners" interessieren, die dafür auch Geld in der Tasche haben. Ich erinnere mich da an Märklin MINEX, 0e - mit ihrem blöden Mittelleiter und dann natürlich kein passendes Gleis dazu und für die Kids. Fleischmann musste das denn nachmachen. Null Marktforschung. Und Wissen von der Eisenbahnwelt(weit) keine Ahnung. Falsche Leute am falschen Platz. So kriegt man Firmen kaputt.

Bei Modellbahn muss immer noch mit Herzblut geschrieben werden. Jetzt 1e - wer die 1e-Anlage in Hamburg-Kreuzbrook gesehen hat, weiß was für ein Potential dadrin steckt. 1e plus 1-Regelspur als "Nebenbahn". Einfach toll.

Hersteller: Nun, da müßten auch die Preise stimmen - wie bei Lenz - und zum Beginn muss es auch nicht gleich eine Mallet sein. Eine schnuckelige Dreikuppler Dampflok geht doch auch.

So, nun wünsche ich allen 1-Bahners weiterhin (nicht) verbissen ihr Hobby zu genießen. Model railroading ist fun, sagen die Amis. Übersetzt - Modellbahn macht und ist Spaß.

Antwort von Gastautor

Lieber Herr Schimmeck,

vielen Dank für diese mit Atmosphäre geladene Reisebeschreibung. Der Nicht-Betrieb an Wochenenden ist zwar erst einmal schwer nachvollziehbar, hat aber nichts mit alter DDR-Denke zu tun. Der Betreiber ist eine Stiftung und der Chef ein Westdeutscher, dem auch das Museum in Prora und ein Eisenbahnunternehmen gehört. Am Wochenende bräuchte man zusätzliches Personal und die Erfahrung habe gezeigt, dass die am Wochenende an- und abreisenden Touristen schon an der Vorgänger-Bahn wenig Interesse gehabt haben. Mo - Fr kann man die Bahn mit weniger Personal betreiben und kommt wohl auch auf die Kosten.

Schön, dass Sie sich auch für die Schmalspur in 1:32 aussprechen. Die Industrie hat das Potenzial in der Tat nicht erkannt oder startet perspektivlos mit falsch gewählten Vorbildern.