Die Märklin Baureihe 38 unter der Lupe
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 1)
Das Modell der 38 2099 in der Epoche IIIa-Ausführungen mit Wagner-Windleitblechen und Deutsche-Bundesbahn-Schriftzug hat alles, was ich nach der Präsentation in Sinsheim geschrieben habe. Gegenüber dem Handmuster wurde noch an einigen Stellen nachgebessert, und auch eine Innovation hat Märklin einbauen lassen.
Eine gute und eine schlechte Nachricht vorab: Die lose Schraube fehlt offenbar nirgends, bei der Befestigung des Dampferzeugers wurde bei dem Muster, das mir Märklin ausgeliehen hat, dagegen eine vergessen. Kein ernstes Problem, da der Dampfgenerator von drei anderen Schrauben gehalten wird.
Das Ganzmetall-Modell mit der Artikelnummer 55383 stammt, wie mehrere zuverlässige Quellen berichten, aus derselben Fabrik in China, in der auch andere Hersteller Spur-1-Modelle fertigen lassen. So konnte Märklin das Fertigungs-Know-how nutzen und auf Anhieb ein Dampflokmodell liefern, das in Sachen Detaillierung, Technik und Finish locker mithalten kann. Zumindest durfte man das bei einer Lok, die für 2500 € vorbestellt werden konnte und einen empfohlenen Preis von 3000 € minus 5 Cent hat, erwarten. Im Laden und im Versandhandel wird die P8 deutlich günstiger angeboten.
Von der preußischen P 8 und späteren Baureihe 3810-40 wurden 3052 Stück gebaut. Keine glich der anderen, schon bei den zwei bis vier Domen gab es unterschiedliche Arrangements. Bei der DB kamen verschiedene Führerhausdächer, geschlossene Führerhäuser und andere Zylinder hinzu usw. Die angeforderte Epoche-IV-Version hätte ich mit dem Modell vergleichen können, weil ich das Original noch im Betrieb erlebt hatte. Zur 2099 habe ich keine Bilder gefunden. Die 1917 bei der Berliner Maschinenbau AG (ehemals Schwartzkopf) und 1960 in Trier ausgemustert.
Das Märklin-Modell im Detail
Das Modell ist komplett aus Metall hergestellt, nur die vorbildgerecht eng anliegenden Bremsen sind aus Kunststoff. Die Detaillierung ist sehr hoch, es scheint an nichts zu fehlen. Links unter dem Führerhaus ist der Schmierpumpenantrieb nachgebildet. Sandfallrohre enden mit einem Knick vor den beiden vorderen Kuppelrädern. Das scheint wegen der bei NEM-Modellen zu breiten Räder und hohen Spurkränze nicht anders zu gehen. Die Lampen sind fein verkabelt.
Der Führerstand bietet, bis auf eine Kleinigkeit, ein hohes Niveau: Regler, Steuerung, Bremsventil, die Hocker für Lokführer und Heizer und Armaturen sind weitgehend nachgebildet. Den guten Eindruck trüben die nur weiß ausgelegten Manometer und die zwar vorhandenen Rahmen für Höchstgeschwindigkeit und Fabrikschild. Auf die Schilder selbst hat Märklin verzichtet. Die Lampe in der hell gestrichenen Decke verbreitet eher ein kaltweißes Licht. Der Boden simuliert abgenutze Holzmaserung, das Übergangsblech zum Tender ist ein Riffelblech mit Rautenmuster.
Und weil wir gerade bei Riffelblechen sind: Die Umläufe und Seitenbleche vorn sind Tränenbleche, in denen kurze Streifen rechtwinklig angeordnet sind. Ebenso verbreitet waren Riffelbleche mit Quadraten und Rauten, zuletzt auch glatte Bleche, wie ich in meinen Fotos seit 1966 erkennen kann. Es gab also mindestens drei Muster, und das auch bunt durcheinander.
Der Tender macht einen erstklassigen Eindruck, weil er nicht nur aufwendig mit heruntergefallener Kohle dekoriert ist, sondern auch die Zugstange für den Wasserkastendeckel im Detail nachbildet. Ziehen kann man an ihm nicht, aber der Deckel lässt sich öffnen. Die zum Transport in einen Plastikbeutel gesteckte Kohleauflage kann man davon befreien, wenn man am hinteren Ende auf die Kohle drückt. Das magnetisch festgehaltene Gussteil hebt sich dann am Führerhausende und kann dann angehoben werden. Darunter sitzen der breite Märklin-Dekoder, der Schiebeschalter zum prinzipiellen Ein- und Ausschalten des Dampfgenerators und ein Kunststoffkästchen, aus dem der Lautsprecher nach unten abstrahlt.
Tender und Lok werden durch bewegliche Bleche verbunden. Der breite Haken des Tenders wird in die Öse an der Lok eingehängt. Das geht recht einfach, wenn man den Tender hinten anhebt. Je nach Winkel des Tenders kommt das Hakenblech kulissengeführt weiter heraus, so dass die Lok-Tender-Verbindung immer so eng wie möglich ist. Die Kabelverbindung darunter wird an der Lok eingesteckt und von einer Feder im Tender straff gehalten. Man kann sie zum Glück mehrere Zentimeter aus dem Tender ziehen.
Die Fachwerkdrehgestelle sind mit feinen Sicherungsketten bestückt und nur am Drehzapfen gefedert.
Die Lackierung ist einwandfrei. Was auf den Fotos eventuell nach Unsauberkeiten aussieht, sind gelegentlich nicht vermeidbare Fingerabdrücke und Staubpartikel. Die Beschriftung (ED und Bw) ist aufgedruckt. Die Loknummern und der Schriftzug "Deutsche Bundesbahn" sind geätzte Schilder. Letzteres hat (falsch) abgerundete Ecken, die Buchstaben S und C stammen aus einer anderen Schrifttype. Das kleine T müßte oben angeschnitten sein und nach rechts ansteigen.
Stromabnahme und Fahrwerk
Der Strom gelangt über Kugellager und Kabel zum Dekoder. Das vordere Drehgestell dient nicht zur Stromabnahme, wohl aber die drei Kuppelachsen und die vier Tenderradsätze. Die Achsen sind geteilt. Die Treibachse und die dritte Kuppelachse haben bei dem Muster einen winzigen Höhenschlag. Die Original-P 8 fuhr nicht sonderlich ruhig, so dass man das sogar vorbildgerecht nennen kann.
Alle drei Kuppelachsen sind gefedert und haben etwas seitliches Spiel. Die Lok hat einen Antrieb, der kein Schieben zulässt. Was bei einem Halt in der geneigten Strecke ein Vorteil ist, für manche Kunden aber ungewohnt ist.
Die Räder heben sich von den Pizzaschneider-NEM-Räder durch ein etwas gefälligeres Profil ab. Die Spurkränze wirken durch eine Verjüngung an der Innenseite nicht mehr so spielzeughaft.
Weil die Lok den 1020-mm-Radius bewältigen soll, waren die Konstrukteure zur Quadratur des Kreises gezwungen, denn die Lage des Drehgestells zwischen den Zylindern bietet nur sehr wenig Spielraum für Straßenbahnradien. Deshalb schiebt sich das Drehgestell in Kurven dank einer Kulisse nach vorn. Vergrößert ist deshalb auch der Ausschnitt im Rahmen, der viel Spielraum nach oben und nach vorn lässt. Die Form des (angeschraubten) Schutzblechs ist nicht rund wie beim Vorbild, sondern etwas elliptisch.
Die Auflage des Drehgestells hatte leider einen Kratzer. Hier ist wohl eine Schmierung mit Fett erforderlich. Wie man auch alle beweglichen Teile abölen sollte.
Die kurzen Schienenräumer können durch längere ersetzt werden, die im umfangreichen Zubehörpaket enthalten sind. in dem befinden sich auch zwei verschieden lange Kolbenstangen-Schutzrohre. Die längeren sind für Radien ab 2 m geeignet.
Die Zugkraft liegt bei 750 Gramm. Zum Vergleich: Die 50 von KM1 erreicht 850 Gramm, die 95 von Kiss 950 Gramm.
Die beigelegten Windabweiser für das Führerhaus sind auf beiden Seiten folienkaschierte Kunststoffteile. Die Folien bekommt man mit einem Klebstreifen ab. Leider sind die Öffnungen am Führerhaus etwas zu weit. Ich habe die Gläser deshalb mit Micro Kristal Clear eingeklebt. Der weiße Kleber wird nach dem Austrocknen glasklar.
Zwischenbilanz: Märklin hat mit der Baureihe 38 ein Modell abgeliefert, das optisch und mechanisch mühelos das Niveau der Mitbewerber in dieser Preisklasse erreicht.
Teil 2 widmet sich der Elektronik und dem Dampfgenerator. Und da ist leider nicht alles Gold, was glänzt.
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Kommentar von Michael Bettighofer |
Hallo zusammen,
heute war ich bei meinem Händler in Aachen. Dort stand sie nun die KPEV Variante der P8.
Was soll ich sagen????
Hammer!
Märklin so denke ich, hat sich zurückgemeldet!
Nun ich freu mich wie ein kleiner Junge auf meine erste Spur 1 Lok...die Br 50 von Km1.
Hat sich der Finanzhaushalt erholt, dann ist die P8 ein massiver Anwärter.
MFG und frohe sowie besinnliche Tage!
Michael Bettighofer