Ausprobiert: Mehr Klangvolumen für die 50er
, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 1)
ESU Loksound 4.0 XL steigert die Klangqualität
Als ich Anfang 2011 meine 50er in Betrieb nahm, fiel ich schier vom Stuhl: Die haben mir einen Dieselloksound draufgepackt! Da röhrt doch ein Motor im Stand! Nach dem ersten Schreck ahnte ich, dass es sich um den Turbogenerator handeln musste. Viel zu laut nach meiner Erinnerung an die letzten Dampfloks. Auch vom „Segeln“, dem Ausrollen ohne Auspuffschlag, war keine Spur. Viel zu laut für eine Mietwohnung war die Lok ebenfalls und das Kohleschaufeln – beim Original kaum hörbar – gellte mir in den Ohren. Mit der Zeit habe ich missmutig an den CVs herumgeschraubt und die Lautstärke in den Griff gekriegt. Soweit war der Sound akzeptabel.
Als alter Hifi-Freak und Journalist, der schon einmal eine Story über High-End-Anlagen von Burmester und Co. für den Playboy geschrieben hat, konnte ich mich bis heute nicht mit MP3 anfreunden und verstehe die Leute nicht, die damit zufrieden sind. Denn dermaßen komprimierter Sound erreicht auch bei hohen Bitraten nicht mehr als 20 % Klangqualität einer CD und bestenfalls 5 % einer superfeinen SACD-Aufnahme. Sogar im 10-Euro-Ohrenstöpsel kann man den Unterschied hören, aber nur dann, wenn man schon einmal das Vergnügen hatte, vor einer wenigstens 2000 € (oder 50000 €) teuren Stereoanlage zu sitzen. Wer nie vergleichen konnte, hält hoch komprimierte MP3-Daten für Musik. Tatsächlich wird nur Musik simuliert, der Sound ist eine leere Hülle, ein Skelett ohne Fleisch.
Was für MP3 gilt, ist auch für Digitaldecoder nicht falsch. Denn der verfügbare Speicher und die Komprimierung der Klangdaten entscheiden über die Länge und Qualität der Klangschnipsel. Beim ESU 3.5 XL waren es 65 Sekunden, beim neuen 4.0 XL sind es 276 Sekunden. Die Klangqualität des neuen Sounddecoders ist auch besser, weil hier statt vier Tonkanälen acht gleichzeitig abgespielt werden.
Ich war neugierig und bestellte einen 4.0 XL. Der neue Decoder war zwar höher gebaut und hat längere Beinchen, passte aber bei abgenommenen Kohledeckel in die vorhandenen Anschlüsse. Der Klang überzeugte auf Anhieb: Er war weicher, differenzierter und voller. Der Generator machte nicht mehr auf Dieselmotor. Die Glocke klang so, wie ich sie kenne (und 50 kg schwer aufbewahre). Die Pumpen klackten, röchelten und schmatzten wie in alten Zeiten. Der Auspuffschlag der 50er war zwar nicht synchron und die CVs noch im Rohzustand. Aber der Fortschritt durch mehr Daten und einen besseren Verstärker war eindrucksvoll hörbar. Den alten Decoder (im Bild links) wollte ich in dieser Lok nicht mehr.
Ich schickte meine Lok einem befreundeten Modellbahnexperten, der viel Erfahrung mit DCC hat, damit er die Feinarbeit der Abstimmung vornehmen konnte. Nun köchelt sie leise im Stand, wenn ich den Sound einschalte. Der Turbogenerator springt nur an, wenn die Fahrwerksbeleuchtung, die Beleuchtung von Führerhaus und Zugführerkabine oder die Lampen vorn und hinten eingeschaltet werden. Über die F 12 kann ich die Gesamtlautstärke in sechs Stufen regeln. Mit F 4 wird, wie bisher, der Dampfgenerator eingeschaltet. F 5 für den Zylinderdampf gibt es nicht mehr, stattdessen wird der Zylinderdampf nach längerem Stand mit lautem Zischen für acht Schläge zugeschaltet. Wenn Kohlen geschippt werden, flackert es in der Feuerbüchse. Die Funktionsliste reicht bis F 23, sofern man sich die schwäbischen Großstadtbahnhof-Ansagen antun will.
Zwar ballert die 50 nicht mehr mit so hellem, scharfen Klang wie vorher los, wenn man den digitalen Regler aufmacht. Der Auspuffschlag ist voller und nicht mehr so grell wie auf dem 3.5-Decoder, der mit viel weniger Daten auskommen musste. Aber der Übergang zwischen „normal“ und „heftig“ ist runder und kaum hörbar. Riesenvorteil außerdem: Nimmt man Dampf weg, rollt die Lok jetzt mit Stangenklappern aus. Lässt man die Fahrstufe unverändert, setzt der Auspuffschlag nach einigen Sekunden wieder ein. Bei hoher Geschwindigkeit ist der Auspuffschlag erheblich besser, wenn auch noch deutlich vom Originalgeräusch entfernt.
Noch nicht programmiert ist ein sanftes Vor-sich-hin-Schlurfen, wenn die Lok fast ohne Dampf durchs Bw rollt. Die ESU-Sounddateien sind keine hochgerechneten Sounds von anderen Decodern, sondern geringfügig komprimierte Sequenzen aus den mit höchster Qualität aufgenommenen Originaldateien.
Anders als mit dem alten Decoder ist auch die Dampfsteuerung: Der Dampf kam bisher immer etwas zeitversetzt nach dem Geräusch. Das wird kaum jemand bemerkt haben, ich wollte es aber genauer haben. Nun wird der Dampf synchron ausgeblasen. Der hochkomplexe Decoder versorgt den Rauchgenerator nun mit leicht erhöhter Spannung und steuert den Ventilator anders. Ich finde den Anblick schöner und nehme in Kauf, dass dieser Eingriff in die Lok und der neue Decoder nach sich ziehen, dass KM1 keine Gewährleistung mehr übernehmen muss. Ich habe ja meinen Experten für alle Fälle. Der 3.5-Dekoder kommt in eine alte Märklin-Lok.
Dank RailComPlus meldet sich die Lok binnen Sekunden auf der EcoS 50200 an. Die Funktionstasten werden automatisch mit den zugehörigen Symbolen versehen – ein Riesenfortschritt. Zuvor sollte man die alte 50er-Lok löschen.
Beim alten Dekoder war ein Beinchen abgetrennt und die entsprechende Öffnung in der Steckerleiste mit einem Plastikstift verstopft. Man kann es rausziehen und den neuen Dekoder problemlos einstecken. Oder man schneidet am 4.0-Decoder das Beinchen ab. Es ist ein Sensoreingang, den man etwa für eine echte Indusi per Reed-Kontakt verwenden könnte. Auf der 50er-Platine hat der Kontakt aber keine Funktion.
KM1 DB-Baureihe 50 mit LokSound XL 4.0 von Spur1info.com auf Vimeo.
Ich habe versucht, in einem Video zu dokumentieren, wie sich die Lok mit dem ESU LokSound 4.0 XL verhält. Leider kann meine Kamera ohne Zusatzmikrofon nur Mono, weshalb die volle Soundqualität (die ja auch für das internetfähige Video weiter komprimiert wurde) nicht ganz vermittelbar ist und außerdem von Ihren Lautsprechern abhängt. Die Beinchen des Dekoders müssen um ca. 2 mm gekürzt werden. Die Unterseite des Kohledeckels sollte mit Klebeband isoliert werden, um vorsorglich einen Kontakt mit dem Decoder zu vermeiden.
Noch etwas zeichnet den neuen Dekoder aus: Er speichert in zwei flinken Kondensatoren Energie. Ich konnte über drei DIN A4-Blätter (ca. 90 cm) fahren, die auf den Schienen lagen. Dabei wird der Sound auf ein Viertel reduziert, um Energie zu sparen. Auch wenn die Lok nur knapp 10 cm völlig stromlos rollte, gab es beim neuen Kontakt mit dem Gleis keinen Neustart des Sounds! Er lief ohne Unterbrechung weiter.
Bei der 75 cm langen Lok mit 18 Rädern für die Stromabnahme ist der Energiespeicher im Decoder zwar nicht so wichtig – es sei denn, man fährt auf verschmutzten Gleisen im Garten. Für kürzere, gar zweiachsige Loks mit Sound ist der neue Decoder ein Muss. Er bietet noch eine Unmenge weiterer Möglichkeiten, die sich nur einem CV-Freak erschließen, der zum Beispiel Lichter dimmen, besondere Lampensignale und Servos ansteuern will. Zwei Lautsprecher sind anschließbar, so dass man die in alle Richtungen strahlenden Bässe im Tendergehäuse und den Auspuffschlag woanders erzeugen könnte.
Den für mich programmierten 50er-Sound für die KM1-Lok gibt es fix und fertig mit dem ESU LokSound XL 4.0-Decoder bei MDS-Müller zum Sonderpreis von 183 Euro.
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Kommentar von Ulrich Geiger |
Das liest sich höchst interessant und vielversprechend. Nur leider konnte mein PC die Sound-Qualitäten des kleinen Vorzeige-Videos nicht wirklich rüberbringen. Frage an den Verfasser: Wo kann man diese "optimierte BR 50" einmal "öffentlich", z. B. auf einem Modultreffen,hören?
Antwort von Friedhelm Weidelich
Hallo Herr Geiger, ich wollte mit diesem Beitrag darstellen, wie eine neue Dekodergeneration dank neuer technischer Möglichkeiten für einen besseren Klang sorgen kann und dass ein Upgrade sich lohnen könnte. Ich verkaufe keine Decoder und programmiere keine Sounds und werde deshalb mit der Lok nicht auftreten.