Wie die Schienen auf die Schwellen kommen

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 1)

Gleisjoche von Hosentraeger, Spur 1. Foto: Friedhelm Weidelich/_8082683.jpg

Während der Mainzer Oberbürgermeister dem Vorstand der Deutschen Bahn aus gutem Grund unterstellt, eine Schiene locker zu haben, mache ich das Gegenteil. Ich schraube sie fest.

An der Unfähigkeit von Ramsauer, Grube, Kefer, Sennhenn und Co. ändert das zwar nichts. Es beruhigt aber.

tl_files/bilder/Hosentraeger/_7171696.jpgZuerst sollten die Schienenprofile sandgestrahlt werden. Dafür gibt es bei Airbrush-Läden Radierer oder eraser, mit denen man Farbe auf den Punkt genau entfernen kann. In unserem Fall geht es darum, den matt glänzenden Neusilber-Profilen eine leicht poröse Oberfläche zu geben.

Das hat zwei Vorteile: Die Brünierung ist nur eine Sache von Sekunden statt einiger Minuten. Und am Ende sieht die Schiene so aus wie das Vorbild. Was ja auch das Ziel ist, wenn man die Gleisbausätze von Hosenträger Rail Systems verwendet.

Das freihändige Sandstrahlen mit einem Vierteldöschen Aluminiumoxid, das dem Air Eraser Kit BD-178 aus China beilag, war die erste Erfahrung mit der Hoffnung, dass es auch besser gehen könnte. Da der "Sand" tatsächlich Feinstaub ist, sollte man die Arbeit auf jedem Fall mit dem beigelegten Atemschutz und draußen machen. Sonst wird man noch tagelang eine Staubschicht vorfinden, die beim Abwischen feinste Kratzer in die Möbel macht.

Freihändig und aus ein, zwei Zentimeter Entfernung wird das Sandstrahlen eher ein Sandmalen, denn der Strahl ist zu fein und der "Sand" zu fein, um den ganzen Schienensteg und den Fuß zu mattieren. Mein leichter Pfusch hatte allerdings kaum negative Auswirkungen beim Brünieren. Wobei klar erkennbar war: Die unbehandelten Stellen wollten nicht so schnell schwarzbraun werden, als ich die später Brünierung aufstrich.

Hosenträger-Mann Dreyer wusste aber auch hier Rat, wie man es besser machen kann: Man nimmt eine billige Kunststoffbüchse oder eine stabile Lebensmittelverpackung, bohrt links und rechts ein Loch zum Durchschieben der Schiene ein und oben in den Deckel ein Loch, durch das der Sandstrahl-Radierer auf die Schiene zielt. Wenn man dann noch die Öffnungen an den Seiten mit Schaumgummi abdichtet, bleibt der Strahlsand weitestgehend in der Box. Dann kann man's auch in der Wohnung machen. Ich werde es ausprobieren.

tl_files/bilder/Hosentraeger/_7282299.jpgSandstrahlen kann man auch die Rippenplatten, damit sie später besser den Roststaub aufnehmen. Ich fand es einfacher, sie bewusst schlampig mit Tamiya-Braun XF-10 zu bemalen. Die Mitte der Platten lässt man besser blank, denn da muss die Schiene durch.

tl_files/bilder/Hosentraeger/_7292322.jpgNun müssen noch die Schwellenschrauben brüniert werden. Dazu kippt man sie in ein Schnapsglas oder Eierbecher und beträufelt sie mit der gezeigten Schnellbrünierung von Ballistol, die sich als die beste herausgestellt hat. Darunter habe ich eine Prise dunklen Rost von Asoa gemischt.

tl_files/bilder/Hosentraeger/_7302338.jpgDas Ergebnis kann sich sehen lassen. Links die mit Rostfarbe brünierten Schrauben, rechts die brünierten ohne Rost. Und noch etwas ist anders: Die Schrauben rechts sind die verkürzten, die an den Innenseiten der Schienen verwendet werden, damit die überdimensionierten Spurkränze der NEM-Radsätze nicht aufsitzen. Sie sind 5,9 mm lang. Die gewöhnlichen Schrauben sind 6,4 mm lang.

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In diesem Zusammenhang riet mir ein freundlicher Leser, auf die leicht verstümmelten Schrauben lieber zu verzichten und stattdessen bessere Radsätze von Nolte einzubauen. In der Tat rollen Märklin- und Hübner-Wagen mit kaum merklichen Klappern über die normalen Schrauben, die vielleicht nur 0,2 mm zu lang sind. Es hängt nun im wesentlichen von den Lokomotivrädern ab, ob man innen lange oder verkürzte Schrauben nimmt. 46 Schrauben nachträglich abzufeilen oder mit einer Schleifscheibe zu kürzen, dürfte nicht viel Spaß machen.

Wer bei NEM-Radsätzen sichergehen will, nimmt die kurzen Schrauben innen. Wer experimentierfreudig ist, baut ein paar lange in ein Gleisjoch ein und testet das Fahrverhalten. Ich werde wahrscheinlich bei den kurzen Schrauben bleiben. Den winzigen Unterschied sieht man, wenn man's weiß. Aber schon aus 20 cm Entfernung ist der Unterschied nicht mehr auffällig. Letztlich bleibt es auch Geschmackssache und eine Frage, wie viel man in neue Radsätze investieren will.

Wer sich für Finescale-Räder entschieden hat, braucht sich über die Länge der Schrauben ohnehin keine Gedanken zu machen.

Zum Schrauben bietet Hosenträger ein Werkzeug an, das die erforderliche Schlüsselweite von 1,3 mm hat. Wer nur ein, zwei Gleisjoche auf einmal herstellen will, kommt damit sicher gut klar, denn der Kraftaufwand ist gering. Wer hunderte von Schrauben festschrauben will, kann auch einen Halter oder Stiftenklöbchen mit einer Spannweite von 3 mm verwenden, um den Griff zu verbessern. Die Schrauben drehen sich leichter ein, wenn sie zuvor in flüssige Schmierseife getaucht wurden. Pastenförmige gewöhnliche Schmierseife ist ungeeignet.

tl_files/bilder/Hosentraeger/_7302347.jpgIm nächsten Schritt werden die Rippenplatten aufgeschraubt. Auf den ersten Blick erkennt man kaum, dass die Platten schräg und 1:40 geneigt sind. Bei Gleisen dieser Bauart "schielen" die Schienen etwas, was beim Vorbild und im Modell den Sinuslauf der Fahrzeuge reduziert. Sie fahren, übertrieben formuliert, in Schlangenlinien über das Gleis und werden durch die leicht schräggestellten Schienen immer wieder neu zentriert. Modellgleishersteller scheren sich bisher nicht um dieses feine Detail. In Weichen stehen die Schienen dagegen exakt senkrecht auf den Schwellen. Wir wollen es uns ja auch gern ein wenig kompliziert machen. Die richtige Eisenbahn tut es ja auch.

Wobei es übrigens auch ebene Rippenplatten beim Vorbild gibt. Dann sind die Schwellen schräg ausgehobelt... Für die meisten Spur-1-Sammler sind Gleise unbekannte Wesen. Für mich bisher auch. Erst seitdem ich mich öfter damit befasse, erkenne ich die Feinheiten und dass fast alles möglich ist. Ein spannendes Thema, das den Blick für Details am Gleis schärft. Zuweilen mit Folgen für die eigene Sichtweise und das Konto.

tl_files/bilder/Hosentraeger/_7302356.jpgDie Schienen werden zunächst auf einer Seite in die Kleineisen geschoben. Dabei hilft ein Tröpfchen Schmierseife auf den Rippenplatten. Weil die Schienen frisch sandgestrahlt und quasi roh sind, sollte man sie mit Gummihandschuhen anfassen. Denn das Fett auf der Haut würde sonst die Wirkung des Brüniermittels beeinträchtigen.

Die Schwellen legt man am besten in die Schablone. So hat man beim Einschieben und Festschrauben der ersten Schiene gleich die richtigen Abstände. Das Einschieben der zweiten Schiene ist etwas mühsamer, weil sich einzelne Schwellen etwas schrägstellen wollen. Dann drückt man sie in die Schablone zurück. Eine Doppelschwelle an einem Ende dient als Lehre. Genau zwischen den Schwellen müssen die Schienen enden.

Wenn die Schienen festgeschraubt sind, kann es an das Brünieren gehen. Mehr darüber im nächsten Beitrag.

 

Teil 1 dieser Serie über Hosenträger-Holzschwellengleise finden Sie hier.

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Kommentar von Burkhard C. |

Hallo Herr Weidelich,

wieder ein super Bericht und ja, das Gleisjoch das unbekannte "Wesen".
Ich bin froh meine Hosenträger-Schienen noch nicht behandelt zu haben. Man(n) kann davon ausgehen, dass es der Teil 3 Ihres Berichtes bestätigen wird, die Schienen mit einem Air-Eraser zu bearbeiten und dann erst zu brünieren. Ich beschaffe mir so ein "Sandstrahler".
Danke für diese Bau-Behandlungshinweise, kommt genau zur richtigen Zeit.

Modellbau-Grüße
Burkhard C.