Werbung und Plakate

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 2)

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Joachim Seyferth, der frühere Herausgeber der Zeitschrift SCHIENE, machte sich in alten Zeitschriften auf die Suche nach Eisenbahn-Werbung. Herausgekommen sind drei randvoll gepackte DVD mit 300 hochauflösenden Reproduktionen ab 1930, die verdeutlichen, wie sich die Werbung und ihre Sprache binnen Jahrzehnten verändert hat. Ein paar Plakatklassiker sind auch dabei, die man zur Ausschmückung von Bahnhofsmodellen gut brauchen könnte.

Die Werbung der Sparda-Bank oben ist zwar originell, aber auch anachronistisch. Sie erschien 1974, als die letzten 44er schon ausgemustert waren. Die V 100 links kommt nur noch verstümmelt in das mit hartem Kontrast stilisierte Foto. Damals machte man das noch überumkopierte Planfilme.

Werbung der Deutschen Reichsbahn für den Rheingold 1930

Bis in die 50er Jahre hinein waren Plakate die Aufgabe von begnadeten Grafikern. Märklin beschäftigte noch länger Künstler für die Titelseiten der Kataloge und die Illustrationen auf den roten Zugpackungen und blauen Schachten. Der 1945 gestorbene Josef Danilowatz war der erste Maler und Grafiker, dann übernahm Rudolf Hannig diese Aufgabe bis in die 60er Jahre. Wem das Rheingold-Plakat von 1930 zu verdanken ist, weiß ich leider nicht. Es strahlt das Selbstbewusstsein einer Bahngesellschaft aus, das die Deutsche Bahn AG nicht mehr hat.

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Das wird auch deutlich, wenn man sich diese Anzeige vor Augen führt. Das Pärchen im Vordergrund bei diesem Werbefoto wird von Models dargestellt, im Hintergrund scheinen eher normale 1.-Klasse-Fahrgäste im TEE-Aussichtswagen zu sitzen. Das Bild strahlt Exklusivität und Eleganz aus. 1971 war die 1. Klasse noch ein geräumiger Zufluchtsort für Reisende mit Niveau, und im Gegensatz zur heutigen 1. Klasse im ICE war dort Platz für Gepäck und selten jeder Platz belegt. Dass die Deutsche Bahn so etwas wie Flugverkehr auf Höhe Normalnull betreibt und nicht den Fahrgast im Mittelpunkt hat, weiß jeder, der in den letzten Jahren IC und ICE gefahren ist oder Stunden stehend beim Pendeln mit dem RE verbracht hat.

tl_files/bilder/artikel/Werbung/099 - 1969_k.jpgJeder ältere Leser wird sich an dieses Plakat von 1969 erinnern, als der Traktionswandel schon eingeläutet war und die Elektrifizierung ihren Lauf nahm. Natürlich ist auch das "Alle reden vom Wetter - wir nicht"-Plakat in der Sammlung enthalten und wirkt nur noch als Parodie auf den heutigen Bahnbetrieb bei fehlenden Betriebsreserven und bis an die Grenzen des Erlaubten ausgelutschen Personals und Fahrzeugparks.

Eine Werbung aus Österreich von 1970 fand ich zwischen den unzähligen Anzeigen von längst verschwundenen Firmen der Bahnindustrie, von Talbot bis Rathgeber. Es sind Zeitdokumente, sowohl stilistisch als auch als Ausdruck von Selbstbewusstsein und Selbstverständnis einer Branche, die sich verändert hat und verändern musste und deren Werbung heute atomisiert und meist belanglos im Marketingbrei von Fernsehen, Facebook und Anzeigenwerbung untergeht.

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Historische EisenbahnreklameHistorische Eisenbahnreklame, 300 Anzeigenmotive auf 3 DVD, gibt es für 19,80 € am einfachsten direkt beim Joachim Seyferth Verlag.

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Kommentar von H. Göhr |

Hallo Herr Weidelich

Da haben Sie ja mal etwas aufgegriffen, das von sehr vielen als nebensächlich abgetan wird, aber im Grunde einen sehr wichtigen Themenkreis umfasst.

Bei der Gestaltung von Anlagen sowie Dioramen die in einem bestimmten Zeitfenster ( Epoche ) dargestellt werden, müssen auch die kleinen Details genau stimmen. Da kommt eine solche Hilfe, dem der es genauer liebt, doch schon sehr entgegen, denn auf einer gut durchgestalteten Anlage in Epoche III haben I-Pod Werbung und kein 1998 Golf was zu suchen.

Mit Grüßen aus dem Bastelkeller

H. Göhr

Antwort von Friedhelm Weidelich

Hallo Herr Göhr,

bisher ist mir solcher Epochenmischmasch erspart geblieben. Ich bewundere die Konsequenz amerikanischer Modellbahner, die ihre Anlage nach einem bestimmten Datum bauen. Da haben dann die Figuren die Zeitung vom Tage in der Hand, die Figuren sind entsprechend gekleidet und selbstverständlich gibt es da keine Anachronismen bei Fahrzeugen aller Art.

Man kann das übertrieben finden. Im Endeffekt ist es aber Modellbau, der ein historisches Vorbild genauestens abzubilden versucht: Da wird die Recherche zum Genuss und Bestandteil des Hobbys. 

Kommentar von H-J Mueller |

Hallo Friedhelm,

Bei der Suche nach passenden Schweizer Plakaten für die Modellbahn in 1:22,5 finde ich beim http://www.swisspostermuseum.com/ meist etwas Passendes. Da werden auch Erinnerungen wach!

Konsequenz beim Modellbau beschränkt sich bei den Amerikanern aber auch auf einen kleinen Prozentsatz. Viele (die Meisten?) scheuen den Zeitaufwand zur genauen Recherche, obwohl der, dank Internet, nun bedeutend kleiner als vormals ist.

Grüsse aus dem Weiten Westen von Kanada

H-J Mueller