Sieber & Sohn übernehmen Märklin

, von Friedhelm Weidelich (Kommentare: 3)

Simba Dickie nimmt Märklin ins Schlepptau. Foto: Friedhelm WeidelichSeit Sommer 2012 prüfte Sieber & Sohn aus Fürth die Substanz von Märklin. Nun ist die Übernahme besiegelt. Wenn das Bundeskartellamt zustimmt, gehört der 2009 in die Insolvenz getrudelte Modellbahn-Hersteller demnächst mehrheitlich zum fränkischen Spielzeug-Hersteller, zu dem auch die Simba Dickie Group gehört.
(Foto: Friedhelm Weidelich)

tl_files/bilder/Maerklin/DSC_0079 (2).jpg(Von links nach rechts: Michael Pluta, Michael Sieber, Prof. Heller von der Kommunikationsagentur Heller & Partner. Foto: Heller & Partner)

Die Pressekonferenz in Fürth läuft gerade, soeben kam die Pressemitteilung an (blaue Hervorhebungen von mir):

"Eine lange erwartete Weichenstellung: Michael Sieber übernimmt mit der von ihm und seinem Sohn Florian gegründeten Sieber & Sohn GmbH & Co. KG den Modelleisenbahnhersteller Märklin. Die notwendigen Unterschriften zur Übernahme wurden bereits notariell bestätigt. Der Stammsitz in Baden-Württemberg bleibt unverändert erhalten. Damit wird ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Stadt Göppingen und die umliegenden Landkreise gesichert sowie alle Arbeitsplätze erhalten.

Die Erfolgsgeschichte wird fortgeschrieben. Michael Sieber, Pionier der deutschen Spielwarenindustrie, wird über die Sieber & Sohn GmbH & Co. KG neuer Mehrheitseigentümer bei Märklin. Damit ist die Zukunft des schwäbischen Traditionsunternehmens gesichert. Alle derzeitigen Arbeitsplätze an den beiden Niederlassungen Göppingen und Györ (Ungarn) bleiben erhalten, alle offenen Verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen Gläubigern werden beglichen.

tl_files/bilder/Maerklin/Florian_Sieber.jpgIm Zuge der Übernahme ergänzt Florian Sieber (rechts) die derzeitige Doppelspitze als dritter gleichberechtigter Geschäftsführer neben Wolfrad Bächle und Stefan Löbich. Sieber ist sich der Verantwortung seiner neuen Rolle bewusst. „Der Name Märklin ist Synonym für eine ganze Spielzeugkategorie und steht bereits seit 1859 für deutsche Spitzenqualität“, erklärt er. „Deshalb freue ich mich sehr, die Zukunft dieser Traditionsmarke mit einer über 150-jährigen Geschichte mitzugestalten.“

Mit den neuen Eigentümern wird auch der Wirtschaftsstandort Göppingen und die umliegenden Landkreise langfristig abgesichert: Es ist gelungen, die Eckpunkte der bestehenden Hausvereinbarung mit der Belegschaft ab 2014 zu verlängern. Für die Angestellten in Göppingen bedeutet dies eine Arbeitsplatzsicherung bis 2019 – eine Regelung, die von 98 Prozent der Mitarbeiter unterschrieben wurde.

Großen Anteil daran hat Insolvenzverwalter Michael Pluta, der die Entwicklung von Märklin seit März 2009 begleitet. „In den letzten vier Jahren haben wir es geschafft, das Unternehmen wieder in stabile Bahnen zu lenken. Der Einstieg der Sieber & Sohn GmbH & Co. KG als neuer Eigentümer bestätigt letztlich den Erfolg unserer bisherigen Entscheidungen.“ Pluta befürwortet die neue Eigentümerstruktur. „Die vollständige Bedienung ausstehender Forderungen und die Weiterführung der Geschäftstätigkeit wird garantiert – eine sehr positive Entwicklung.“

Sieber bestätigt diese Ansicht: „Herr Pluta und sein Team haben die richtigen Weichen gestellt. Insgesamt sehe ich große Wachstumspotentiale für Märklin und die Töchterunternehmen Trix und LGB.“ Vor allem die Mehrmarkenstrategie soll weitergeführt und ausgebaut werden. Im Fokus der zukünftigen Geschäftsstrategie sieht Sieber auch wieder Kinder und Jugendliche. Als Grundlage bestehen bereits die Linien „Märklin MyWorld“ und „LGB Toytrain“. „Wer, wie ich, schon als Kind von Märklin begeistert war, wird der Marke auch als Erwachsener treu bleiben.“

Der Stammsitz von Märklin in Baden-Württemberg bleibt auch zukünftig das Zentrum für die Entwicklung und Fertigung von speziellen hochwertigen Artikeln. Im ungarischen Györ wird weiterhin das Herzstück der Kernproduktion sein. Mittelfristig sollen weitere Produktionslinien aus China zurück nach Europa geführt werden. Derzeit steht eine Prüfung der Übernahme durch das Bundeskartellamt noch aus. Man geht aber davon aus, dass das Vorhaben mit den geltenden Rechtsnormen vereinbar ist."

tl_files/bilder/Maerklin/DSC_0052.jpg(Links Michael Pluta, rechts Michael Sieber. Foto: Heller & Partner)

Zum Kaufpreis gibt es keine Angaben. Zuletzt wurde über Beträge zwischen 30 und 40 Mio. € spekuliert, die sich mit den Verbindlichkeiten auf etwa 100 Mio. € summiert haben dürften. Nach Medienberichten müssen die Märklin-Mitarbeiter auf Tariflöhne und zwei Drittel des Weihnachts- und Urlaubsgelds verzichten und sollen stattdessen Bonuszahlungen erhalten, wenn das Unternehmen Gewinne macht. 

Ob ein "weiter so" die richtige Strategie ist, wage ich zu bezweifeln. Qualitätsprobleme, jahrelange Verschiebungen von Auslieferungen, eine für ein mittelständisches Unternehmen weit überdimensionierte multimediale Marketingkommunikation und eine praktisch nicht vorhandene Pressearbeit sind keine gute Ausgangsposition für die notwendige Neupositionierung der einst glanzvollen Marke Märklin. Das gilt zumindest für die Spur 1 mit der Zielgruppe Erwachsene. Für den 28jährigen Geschäftsführer wird Märklin jedenfalls eine gewaltige Herausforderung.

Die Sieber & Sohn GmbH & Co. KG (eine Konstruktion, die eine Haftung weitestgehend ausschließt) wurde erst am 14.3.2013 in Lauf an der Pegnitz ins Handelsregister eingetragen (HRA 16516). Ein Haftung erfolgt nur mit der Stammeinlage von mindestens 25.000 €. So ein Unternehmen lässt sich risikolos abwickeln. Persönlich haftender Gesellschafter bei Sieber & Sohn ist die DICKIE-SCHUCO Verwaltungs GmbH, Fürth. 

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Kommentar von Klaus Holl |

Eindrucksvoll finde ich die Bekenntnis zur Baugröße 1. Auf allen 3 Pressebildern sind Spur 1 Artikel abgebildet. Schließlich hätten das ja auch LGB-Produkte sein können.
Nach den Problemen, die Schuco 2012 in China erleiden musste, könnte der Markenverbund vielleicht sogar planen, Györ als neue Konzern-Produktionsbasis auszubauen.
Das wird langfristig auf jeden Fall noch sehr interessant.

Viele Grüße aus München

Klaus Holl

Antwort von Friedhelm Weidelich

Das Titelfoto mit dem Bobby-Car ist kein Pressebild, es stammt aus meiner Kamera.  Lachend

Was die Zukunft von Märklin und den wohl überlasteten und an Arbeitskräftemangel leidende Standort Györ betrifft (Audi bezahlt dort besser), muss man mal abwarten. Aber eigentlich kann es nur besser werden unter der Leitung eines erfahrenen Mittelständlers. Interessant wird es allemal. Gut dass die Hängepartie beendet ist.

Kommentar von MichaelH |

Lieber Herr Weidelich,
Gratulation zu Ihrem symbolhaften und tiefgründigen Titelfoto! Ich musste schmunzeln. Danke für Ihre Mühe und die schnelle Berichterstattung.

Beste Grüße, MichaelH

Kommentar von voigt |

Ich glaube hier hat sich ein Kindheitstraum mit Märklin erfüllt.
Geld alleine macht das Geschäft auch nicht lauffähig; denn die junge Kundschaft mit Internet und IPod hat wenig für Modelleisenbahnen übrig.
H0 ist für normale Wohnungen immer noch zu groß und Z ist im Alter zu klein.
Eine N-Spur mit 3-Leiterschienen wären optimaler und einzigartig.
Da wäre es egal ob der Mittelleiter auf Wechsel- oder Gleichstrom liegt.
Hauptsache einfach zu verlegen.
Die Nachkriegs-Kundschaft der Dampflokomotiven verabschieden sich langsam von dieser Welt und somit auch die Modelleisenbahnen.
Ich hoffe nur das Märklin weiterlebt.
Gibt es noch eine Modelleisenbahnfirma die noch nicht ihre Nase in der Insolvenz gesteckt hat?
Viel Glück.